Interview mit Ufo-Chef Nicoley Baublies "Der Lufthansa-Tarifstreit ist schnell lösbar"

Düsseldorf · Der Chef der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation (Ufo), Nicoley Baublies, spricht im Interview mit unserer Redaktion über die Tarifverhandlungen, die IG Luftverkehr und Germanwings.

 Nicoley Baublies ist Chef der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation Ufo.

Nicoley Baublies ist Chef der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation Ufo.

Foto: Arne Dedert

Düsseldorf Die Kranichlinie kennt Nicoley Baublies gut. Schließlich hat der Chef der Unabhängigen Flugbegleiter-Organisation (Ufo) sich bei der Lufthansa vom "Flugbegleiter auf Zeit" zum Purser — also Chef-Steward — hochgearbeitet. Seit Monaten ringt die Ufo mit dem Management um einen neuen Tarifvertrag.

Die Flugbegleiter reden wieder mit der Lufthansa. Wie ist der Stand?

Baublies Seit dieser Woche sind wir wieder in echten Tarifgesprächen. Wir reden unter Beteiligung der Arbeitsdirektorin über Themen wie höhere Löhne und die Umgestaltung der Betriebsrenten. Allerdings können wir einige wesentliche taktische Punkte nicht lösen, da sich dafür das Management zugleich mit der Vereinigung Cockpit einigen müsste.

Die Piloten haben der Lufthansa ein neues Paket angeboten und sich dabei kompromissbereit gezeigt.

Baublies Ich bin vorsichtig optimistisch, dass in die Gespräche Bewegung kommt und weitere Streiks bei der Lufthansa unnötig werden. Wir halten es für sinnvoll, dass wir gemeinsam mit VC und dem Management eine gemeinsame Lösung besprechen, wo dies sinnvoll und nötig ist. Das wäre im Sinne des gesamten Konzerns.

Weil ansonsten der wirtschaftliche Druck zu groß würde?

Baublies Genau. Uns wurde in den Gesprächen sehr deutlich vor Augen geführt, dass ohne ein Vorankommen bei den Piloten die Gefahr weiterer Auslagerungen ins Ausland droht. Und die träfe auch unsere Mitglieder. In Teilen ist das auch schon Realität. Bei Germanwings sollen in den kommenden Monaten schon die ersten Flugbegleiter mit befristeten Verträgen entlassen werden. Der Druck durch die solventen Konkurrenten aus dem Mittleren Osten und die Billigflieger ist enorm. Deshalb haben wir uns auch in der Vergangenheit schon bereiterklärt, einen Beitrag zu leisten.

Wie soll es zu einer Lösung kommen?

Baublies Wenn Piloten und Lufthansa wirklich einigungswillig sind, kann der Tarifkonflikt schnell gelöst sein. Wir verhandeln mit dem Management bis Freitag und sondieren dann mit den Piloten, inwieweit eine etwaige Lösung mittelbare Auswirkungen haben wird. Am 6. August sitzen wir mit dem Konzernvorstand noch einmal zusammen und könnten im Idealfall den Sack zumachen. Dann ginge es nur noch um Detailfragen.

Klingt so, als könnten die Kunden aufatmen.

Baublies Wir sind an der Stelle fremdbestimmt. Wir haben Lösungen und Vorschläge vorgelegt, für die uns unsere Mitglieder zwar nicht heiligsprechen, die aber den Bestandsmitarbeitern ihre Besitzstände erhalten, vor allem aber auch die nachfolgenden Generationen nicht abhängen. Im Gegenzug haben wir Maßnahmen zur Kostensenkung akzeptiert. Den letzten Punkt können wir aber nur gutheißen, wenn wir eine belastbare und dauerhafte Perspektive bekommen. Einen echten Sanierungstarifvertrag wird es mit uns nicht geben. Wenn sich das Management da nicht bewegt, dann reden wir auch wieder über Streiks.

Heißt das, Sie fordern den Ausschluss von Kündigungen?

Baublies Ja. Und wir wollen die Zusage, dass befristet Beschäftigte einen unbefristeten Vertrag bekommen. Dann sind wir auch bereit, die neue Markenstruktur - also Tarifverträge bei der Lufthansa Classic und der Billigflieger-Plattform Wings — mitzutragen. Wir stehen bereit, einen guten Tarifvertrag auch für die Billigplattform mitzugestalten und Wings aus der Schmuddelecke zu holen und deren wirtschaftlichen Gesamterfolg auch mit zu befördern.

Sie stehen kurz vor der Gründung einer IG Luftverkehr (IGL) — also einem Zusammenschluss der Gewerkschaften für das Bodenpersonal und für die Kabine. Wieso dieser Schritt?

Baublies Wir sind da sehr weit. Diese Woche gibt es einen Gründungskongress, bei dem wir uns eine Satzung geben. Das Tarifeinheitsgesetz ist nur einer der Treiber. Wir wären als IGL ganz klar die mitgliederstärkste Organisation und könnten dann eine vernünftige und abgestimmte Tarifpolitik für die ganze Branche ermöglichen.

Die Piloten spielen aber nicht mit.

Baublies Die Piloten sehen hier derzeit nicht das passende Instrument für sich - das ist aber kein Beinbruch. Wir werden auch künftig bereit stehen, um mit der VC und der Gewerkschaft der Flugsicherung Kooperationen einzugehen oder zumindest Abgrenzungsabkommen zu treffen. Wir wollen nicht plötzlich die Piloten organisieren. Die sind im Übrigen auch nicht das Problem. Für uns ist viel wichtiger, dass Verdi immer noch behauptet, die Interessen der Kabine zu vertreten — obwohl sie dort gar keine Tarifverträge mehr abschließt. Das ist Unfug und sollte aufhören.

Wollen Sie Verdi bei der Lufthansa rausdrängen?

Baublies Nein. Man kann auch über Kooperationen nachdenken. Allerdings wären wir dann sicherlich der bestimmende Player, da Verdi leider in Summe eben eher schwach in unserer Industrie aufgestellt ist. Eine Situation, wie wir sie zuletzt zwischen der Deutschen Bahn, der Gewerkschaft der Lokomotivführer und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft hatten, kann niemand für die Lufthansa wollen.

In welcher Position sitzen Sie dann mit an Bord? Als Vorsitzender?

Baublies (lacht) Das ist ein heiß diskutiertes, sehr politisches Thema. Ich habe aber kein eigenes Interesse an einem Vorsitz, könnte mir aber sehr wohl vorstellen, für das Thema Tarifpolitik im Vorstand verantwortlich zu sein. Das werden wir diese Woche besprechen.

Wie beurteilen Sie die Maßnahmen, die nach der Germanwings-Katastrophe eingeführt wurden?

Baublies Die Zwei-Mann-Regelung im Cockpit hat stark zur Beruhigung beigetragen. Aber das ist keine dauerhaft praktikable Lösung. Es werden Änderungen bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung diskutiert, und es wird auch über eine Anpassung der Regeln bei den Cockpittüren nachgedacht. Aber ich warne vor Schnellschüssen. Es gibt bereits Gespräche in einer Taskforce, allerdings sind die dort verabredeten Reformen vertraulich.

Maximilian Plück führte das Gespräch.

(maxi)
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