Amazon, Facebook, Google Bund möchte Online-Giganten bändigen

Berlin · Die Bundesregierung will die Macht von Online-Konzernen wie Google und Facebook begrenzen. Ab Montag beginnt dazu ein Diskussionsprozess. Unternehmen müssen preisgeben, falls sie Produkte gezielt teuer für Wohlhabende machen.

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Foto: Schnettler

Die Bundesregierung will ab heute diskutieren lassen, wie sie die große Macht von Online-Konzernen wie Amazon, Facebook, Google oder Apple einschränken kann. Zu diesem Zweck hat das Bundeswirtschaftsministerium ein 52-seitiges Papier ausgearbeitet, aus dem sich die entscheidenden neuen Regeln schon ableiten lassen. Das "Grünbuch" genannte Diskussionspapier liegt unserer Redaktion vor.

Es regt unter anderem die Gründung einer Bundesdigitalagentur vor, die sich um Trends im Internet kümmern soll - und natürlich später ein Ministerium werden kann. "Wir brauchen klarere Regeln gegenüber digitalen Plattformen wie Google oder Facebook", sagt unserer Redaktion der federführende Staatssekretär Matthias Machnig (SPD). "Diese Plattformen sind ein enorm wichtiger Teil der Wirtschaft, also müssen wir uns über deren Rahmenbedingungen sowie neue Chancen für Deutschland Gedanken machen."

Als konkrete Anregung schlägt das "Grünbuch" vor, Unternehmen wie Amazon oder Zalando zu verpflichten, dass sie offenlegen, wann und wie individuelle Preise verlangt werden. Damit ist gemeint, dass Firmen von Kunden besonders viel Geld fordern, wenn sie ahnen, dass diese zahlungsbereiter als andere Kunden sind. Konkret geht es darum, dass anhand des genutzten Smartphones bei der Bestellung und weiterer persönlicher Daten wie Hobbys und Wohnort der Kunde bezüglich seiner Zahlungsbereitschaft eingestuft werden kann.

Experten wie der Kölner Wirtschaftsprofessor Klemens Skibicki begrüßen den neuen Diskussionsprozess, der Anfang 2018 zu Gesetzesvorschlägen führen soll. Der Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Jarcombek meint, Regeln für Digitalplattformen seien wichtig - allerdings kümmere sich bereits die Europäische Union intensiv um das Thema.

Auch Skibicki macht eine kritische Anmerkung: "Wichtig ist, bei dem Diskussionsprozess vorrangig auf die Chancen zu schauen. Hauptziel neuer Vorgaben kann nicht sein, gegen Weltmarktführer aus den USA vorzugehen, sondern in Deutschland den Markt so zu öffnen, dass auch hier endlich weitere digitale Weltmarktführer neben dem Unikat SAP entstehen."

Tatsächlich liest sich das Papier keineswegs als platte Aufforderung zur Bevormundung der noch viel zu kleinen Digitalszene in Deutschland. Es wird ausdrücklich gefordert, neue Ideen "nicht durch überbordende Regulierung schon im Keim" zu ersticken. Neue Investitionen in die Netze sollten angeregt werden. Der Staat müsse zwar für Datenschutz eintreten, aber er müsse auch die Möglichkeiten eröffnen, "durch Datennutzung neue Geschäftsmodelle und neue Dienstleistungen zu entwickeln".

Größter Nutznießer des Reformprozesses könnte die Telekom sein. Denn das "Grünbuch" verlangt, dass für sie als entscheidendem Netzbetreiber die gleichen Regeln gelten müssen wie für digitale Dienstleister im Internet. Im Klartext: Entweder müssen Facebook, Whatsapp oder auch Skype ihre internen Messagingdienste auch für den Austausch mit fremden Kunden öffnen, oder die Telekom bekommt stärker als bisher erlaubt, Kundendaten für kommerzielle Interessen zu nutzen. Dann dürfte sie beispielsweise passend zur Person online Anzeigen schalten - bisher darf sie Kundendaten dagegen nur sehr eingeschränkt nutzen.

Außerdem regt die Kommission an, dass Kunden per Gesetz erlaubt wird, neben ihrem echten Namen auch eines oder mehrere Pseudonyme in sozialen Netzwerken zu nutzen. Dies wäre ein Schlag gegen das soziale Netzwerk Facebook, das bisher eine Anmeldung unter falscher oder verdeckter Identität verbietet - in Wahrheit lässt sich aber sowieso nicht kontrollieren, ob jeder Nutzer tatsächlich die Person ist, die er oder sie vorgibt zu sein.

Als Ergebnis der Reform könnten Nutzer bestimmte sensible Informationen besser geheim halten, wenn Facebook weniger durchschaut, wer sich hinter welchem Nutzerkonto verbirgt. Insgesamt, so das "Grünbuch", müsse Deutschland den persönlichen Datenschutz weiter verteidigen - aber auch neuen Geschäften eine Chance geben.

(RP)
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