Bezahlung von Männern und Frauen Kaum Interesse an transparenter Lohntüte

Düsseldorf · Mitarbeiterinnen können seit Januar erfragen, ob sie beim Gehalt benachteiligt werden. Gebrauch gemacht wird davon so gut wie nicht.

 Verschiedene Euro-Scheine liegen auf einem Tisch (Symbolfoto).

Verschiedene Euro-Scheine liegen auf einem Tisch (Symbolfoto).

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Werden Frauen unfair bezahlt? Zumindest verdienen sie im Durchschnitt rund 16 Prozent weniger als Männer. Das zeigt die Statistik. Doch rechnet man heraus, dass Frauen häufig weniger gut bezahlte Berufe wählen (Erzieherin statt Industriemechanikerin) und öfter zur Betreuung der Kinder zeitweise aus dem Berufsleben aussteigen, bleibt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes noch immer ein Rückstand von rund sechs Prozent bei gleicher Arbeit und Qualifikation. Für einen Monat lässt sich das verschmerzen, auf das Berufsleben bezogen geht es aber um mehr als 50.000 Euro bei einem Durchschnittseinkommen von rund 3771 Euro im Monat (Frauen 3330 Euro, Männer 3964 Euro).

So ist kein Wunder, dass die Politik Beschäftigten das Recht gegeben hat, beim Arbeitgeber ihr Gehalt mit dem einer angemessenen Gruppe von mindestens sechs ähnlich tätigen Kollegen des jeweils anderen Geschlechtes vergleichen zu lassen. Die Regelung aus dem "Gesetz zur Förderung von Transparenz von Entgeltstrukturen" gilt seit Anfang Januar, doch bei den großen Unternehmen in NRW halten sich die Anfragen in Grenzen: Knapp 400 Mitarbeiter erfragten bei 18 von unserer Redaktion befragten Arbeitgebern, ob ihr Salär angemessen ist.

Bezahlung von Männern und Frauen: Kaum Interesse an transparenter Lohntüte
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Das größte Interesse hatten die Mitarbeiter bei Telekom und Vodafone mit jeweils rund 100 Anfragen. "Wenn insgesamt bisher nur wenige Frauen fragen, hängt das wohl auch mit Sorge zusammen, sich unbeliebt zu machen", sagt Heide Pfarr, die beim Deutschen Juristinnenbund der Kommission für Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht vorsitzt, "wenn dagegen in manchen Firmen viele Mitarbeiter fragen, ist das doch eher positiv für mehr Transparenz."

Unternehmen betonen, dass sie Frauenförderung ausbauen

Welche genauen Ergebnisse die Anfragen brachten, will kein Unternehmen berichten - auch, weil die Fallzahl so niedrig ist, dass die Veröffentlichung Rückschlüsse auf das Gehaltsniveau einer einzelnen, fragenden Person erlauben könnte.

Viel interessanter ist, dass die meisten Firmen in ihren Antworten betonen, sie würden die Benachteiligung von Frauen alleine dadurch weitgehend ausschließen, dass Gehälter nach einheitlichen objektiven Kriterien vergeben werden - als ob irgendjemand auf die Idee käme, es gäbe Tarifverträge nur für Frauen.

"So platt läuft Diskriminierung natürlich nie", sagt Pfarr. "Männer erhalten oft mehr Geld, weil sie beim Jobwechsel frecher verhandeln, sie haben häufig eine bessere Einstufung, obwohl sie in Wahrheit überhaupt nicht eine bessere Leistung für das Unternehmen bringen." Dies bestätigt Rosel Bender, Unternehmensberaterin der Firma Evolog: "Tarifverträge sind nur die Basis der Entgelte in vielen Unternehmen. Beförderungen und Prämien spielen bei Gehaltsunterschieden natürlich auf Dauer die größte Rolle."

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Alle befragten Unternehmen betonen jedoch, dass sie die Frauenförderung ausbauen, was indirekt zu einer Angleichung der Gehälter führen kann und soll. So berichten bei der Umfrage praktisch alle Firmen, dass man sich besondere Mühe gebe, weibliche Mitarbeiter auch für Führungsaufgaben zu finden, natürlich auch, weil guter Nachwuchs rar ist.

Frauen als Führungskräfte - so halten es die Unternehmen

Bei Henkel sind bereits 34,5 Prozent der Führungskräfte Frauen - die Düsseldorfer sind auch der einzige der 30 Dax-Konzerne mit einer Aufsichtsratschefin, der promovierten Biologin Simone Bagel-Trah.

Vodafone erklärt, man wolle die Firmenkultur grundlegend ändern, es gehe darum, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser zu organisieren. Bei RWE soll die Ausübung von Teilzeitarbeit erleichtert werden, es gibt eine Betriebsvereinbarung für vier Jahre Elternzeit.

Besonders weit geht die Telekom: Sie hat sich schon 2016 das Ziel gesetzt, 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen zu besetzen - was allerdings bisher mit 21,2 Prozent noch nicht erreicht wurde. Aber es gibt ein spezielles Programm, weibliche Talente für interne Aufsichtsräte zu schulen - da liegt der Frauenanteil nun bei 38,4 Prozent.

Bei Eon ist Pflicht, bei der Auswahl für eine Management-Position immer mindestens eine Frau in der Schlussauswahl zu haben - auch das brachte den weiblichen Führungskräfteanteil zwischen 2010 bis Ende 2017 auf 19,6 Prozent hoch - Ziel für 2026 sind 32 Prozent. Dazu sollen auch interne Kurse, mehr Kita-Plätze, Trainings gegen unbewusste Diskriminierung und ein Mentoring-Programm beitragen.

Bayer hat 2013 in einer Studie mit dem Bundesfamilienministerium untersucht, ob im Konzern Frauen systematisch schlechter bezahlt werden. Die Unterschiede seien "nicht signifikant" groß, heißt es. Doch man könne sich vorstellen, weitere Untersuchungen mit dem Betriebsrat zu starten.Das Unternehmen veröffentlicht schon länger im Intranet, welche Bandbreite bei den Gehaltsgruppen für leitende Mitarbeiter gezahlt wird. Bender hält das für vernünftig: "Das gibt doch einen guten Anhaltspunkt für eine Mitarbeiterin, ihr Gehalt mit dem Schnitt zu vergleichen." Pfarr sagt: "Eine solche Offenlegung gibt der einzelnen Mitarbeiterin schon einen Hinweis, wo sie in ihrer Gehaltsgruppe steht."

(rky)
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