Übernahme von Monsanto Bayers Milliarden-Deal mit Nebenwirkungen

Leverkusen · Mit der Übernahme von Monsanto steigt Bayer zum größten Agrochemie-Konzern der Welt auf. Nun fürchten Pharma-Mitarbeiter, dass für sie keine Investitionen mehr bleiben. Aktionäre erwartet eine schmerzhafte Kapitalerhöhung.

Bayer-Chef Werner Baumann hat es geschafft. Gestern unterzeichnete er in New York mit Hugh Grant, Chef des US-Konzerns Monsanto, eine Vereinbarung über den Mega-Deal. Dann flogen die Manager, die seit April gepokert hatten, nach St. Louis, um die Pläne der US-Belegschaft vorzustellen. Die Übernahme ist ein Erfolg für den 53-jährigen Krefelder, der erst seit Mai den Dax-Konzern führt. Doch die Frage ist, wer am Ende dafür bezahlt.

  • Die Risiken Es ist die teuerste Übernahme eines deutschen Konzerns. Auch gemessen an der aktuellen Lage von Monsanto ist der Preis sehr hoch. Andere Agrochemiefirmen werden an der Börse mit dem 24-fachen ihres Gewinns bewertet, Bayer zahlt das 45-fache. Das ist ein unglaublicher Multiplikator. Bayer kauft Hoffnungswerte. Hinzu kommen die Schulden. Wenn Bayer 42 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen muss, ist das eine drückende Last. 2015 lag die Verschuldung bei 17 Milliarden. Hinzu kommt der schlechte Ruf von Monsanto. Sein Unkrautvernichter Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Kritiker werfen dem Konzern vor, die Bauern mit Kuppelgeschäften Saatgut/Pflanzenschutz zu knebeln. Man werde die Reputationsprobleme in den Griff bekommen, ist Baumann überzeugt.
  • Chancen Die Branche ist im Fusionsfieber, Bayer kauft geschickt im Konjunkturtal. "Perfektes Timing", erkennen andere Chemielenker an und sehen darin die Handschrift von Aufsichtsrats-Chef Werner Wenning. Beide Seiten rechtfertigen die Summen damit, dass es wegen der wachsenden Weltbevölkerung große Potenziale gebe. Zudem versprechen sie sich vom "Digital Farming" Wunder. So verkauft Monsanto Bauern Wetterdaten, mit denen sie Saat und Pflanzenschutz optimieren sollen.
  • Folgen für Bayer-Aktionäre Bayer will rund 17 Milliarden Euro des Kaufpreises durch eine Kapitalerhöhung finanzieren. Das bedeutet, dass der Gewinn auf mehr Aktien verteilt wird — Kurs und Dividende geraten tendenziell unter Druck. Von ihrem Höchstkurs von 146 Euro aus dem Frühjahr 2015 ist die Aktie weit entfernt. Gestern legte sie erst um vier Prozent zu und schloss dann bei 93,55 Euro. Die Aktionäre werden nicht gefragt, ob sie dem Deal zustimmen. Eine außerordentliche Hauptversammlung ist nicht nötig.
  • Folgen für Bayer-Mitarbeiter Noch bevor Bayer sein erstes Angebot vorgelegt hatte, hatte der Konzern die Arbeitnehmerseite an Bord geholt. Gewerkschaft und Betriebsrat setzten am 22. Mai eine umfassende Vereinbarung durch. Danach bleiben Kündigungen bis 2020 ausgeschlossen, muss Bayer weiter in den Ausbau deutscher Standorte investieren und darf keine Rationalisierungsmaßnahmen zur Finanzierung des Deals durchführen. Zugleich hat Bayer angekündigt, dass man durch die Fusion Synergien heben kann, die nach drei Jahren 1,4 Milliarden Dollar an jährlichen Gewinnbeiträgen beisteuern. "Zusätzliche Synergien" sollen folgen, vor allem durch Kosteneinsparungen. Das Geld muss irgendwo herkommen. Im Pharma-Bereich fürchtet man, dass die Investitionsmittel sinken. Schon jetzt klagen Mitarbeiter der Pharmasparte darüber, dass jeder Euro dreimal umgedreht werde und kaum neue Mittel genehmigt würden. Zudem will der Konzern mit der Fusion bei Verwaltungsausgaben sparen.
  • Folgen für Bayer-Standorte Die Zentrale für die Agrochemie bleibt Monheim, das hat der Vorstand zugesagt. Monheim und Frankfurt bleiben Forschungsstandorte. Spannend bleibt, was aus den Produktionsstandorten wird. Zudem müssen sich die Kommunen mit Bayer-Standorten wegen der Lasten auf sinkende Gewerbesteuer-Zahlungen einstellen. Auch ist es möglich, dass die Kartellbehörden den Verkauf von Geschäftsbereichen fordern, um die Marktmacht des neuen Riesen einzudämmen. Für diesen Fall hat sich Bayer verpflichtet, den Beschäftigten eine Perspektive beim potenziellen Erwerber zu verschaffen.


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(anh)
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