Leverkusener Pharmakonzern Bayer hat Ärger wegen Iberogast

Leverkusen · Das Bundesinstitut für Arzneimittel sieht Risiken bei dem beliebten Magensaft: Bayer soll auf den Beipackzettel schreiben, dass Iberogast die Leber schädigen kann und von Schwangeren nicht genommen werden darf. Bayer klagt.

Chronik zu 150 Jahre Bayer: Von der Farbenfabrik zum Weltkonzern
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Foto: AP, AP

Die Werbung verheißt Großes: "Mit der Kraft der Natur gegen Magen- und Darmbeschwerden - pflanzlich, schnell, wirksam", preist Bayer sein rezeptfreies Medikament Iberogast an. Und hält es auch geeignet für Kinder und Schwangere: "Da Iberogast gut verträglich ist, ist es zur Behandlung von Kindermägen gut geeignet."

Während der Schwangerschaft und Stillzeit könne es nach Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden - das sieht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte anders. Es hält das Schöllkraut, eine der neun Pflanzen in dem braunen Saft, unter Umständen für leberschädigend und sieht seit Jahren "ein erhebliches gesundheitliches Risiko". Nun treffen sich Konzern und Behörde vor Gericht.

Schon im Jahr 2008 warnte die Behörde: "Dem Bundesinstitut liegen zu Schöllkraut-haltigen Arzneimitteln Meldungen über Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen mit Leberbeteiligung vor - insbesondere über hepatotoxische Reaktionen bis hin zu Leberzellschädigung und Leberversagen." Konkret gehe es um 48 Einzelfallberichte über Verdachtsfälle bei Mitteln verschiedener Hersteller.

Daher erließ die Behörde einen Bescheid, wonach die Zulassung für Schöllkraut-haltige Mittel mit einem hohen Gehalt eines Wirkstoffes (den Gesamtalkaloiden) mit sofortiger Wirkung widerrufen wird. Bei Mitteln mit einem geringeren Gehalt müsse der Beipackzettel um Warnungen ergänzt werden wie diese: "Bei der Anwendung von Schöllkraut-haltigen Arzneimitteln sind Fälle von Leberschädigungen sowie Fälle von Leberversagen aufgetreten." Zudem soll vermerkt werden: "darf von Schwangeren und Stillenden nicht eingenommen werden."

Alle Hersteller nahmen laut Branchenkreisen die Hinweise auf, Bayer nicht. Es ging hin und her, im vergangenen Jahr reichte Bayer Klage gegen den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Köln ein. "Eine Änderung der aktuellen Patienten- und Fachinformationen hinsichtlich der Verwendung von Schöllkraut ist derzeit nicht vorgesehen", erklärte eine Bayer-Sprecherin. "Es liegen keine neuen Fakten vor, das Nutzen-Risikoprofil zu Iberogast bleibt unverändert positiv." Der für die Herstellung von Iberogast verwendete Schöllkraut-Extrakt enthalte auch nur eine sehr geringe Menge an Alkaloiden.

Termin bei Gericht gibt es noch nicht

Kein Wunder, dass der Konzern sich sträubt. Für Bayer geht es um ein profitables Produkt mit bislang gutem Image, mit dem man sich auch einen grünen Anstrich gibt. Der Leverkusener Konzern hatte erst 2013 das Unternehmen Steigerwald übernommen, das seit den 50er Jahren Iberogast herstellt. Die 180 Steigerwald-Beschäftigten sorgten damals für 61 Millionen Euro Umsatz. Zu heutigen Erlösen und Gewinnen von Iberogast wollte Bayer sich nicht äußern.

Offiziell sagt das Bundesinstitut nur: "Zu einem laufenden Verfahren können wir uns nicht weitergehend äußern." Doch den Bayer-Hinweis auf die geringe Alkaloid-Konzentration dürfte die Behörde nicht gelten lassen. Sie hatte schon in ihrem Bescheid 2008 klargemacht, dass die Hinweise auf mögliche Leber-Schädigungen unabhängig von der Konzentration erfolgen soll: Die Warnungen für Patienten sollten selbst bei schwach dosierten und sogar homöopathischen Mitteln aufgenommen werden, hieß es damals.

Einen Termin bei Gericht gibt es noch nicht. Sollte sich die Behörde am Ende durchsetzen, könnte es für Bayers Iberogast ein Image-Problem geben. Schon einmal hatte bei einem Kräutermittel die Debatte um Hinweise auf drohende Leberschäden für Einbrüche gesorgt: Der Hersteller Schwabe brauchte lange, um beim Bronchitis-Mittel Umckaloabo, in dem Extrakt der Pflanze Kapland-Perlagonie steckt, fallenden Verkäufe zu drehen.

(anh)
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