Zunächst nur Güterzüge betroffen Bahnstreik: Donnerstag geht's los

Frankfurt/Main (RPO). Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer will am Donnerstag ihren bundesweiten Streik im Güterverkehr beginnen. Den Personenverkehr habe man zunächst bewusst ausgenommen, teilte die GDL in Frankfurt am Main mit.

Streiks 2007: Was Bahnreisende wissen müssen
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Foto: RP/Thomas Bußkamp

Den Fahrgästen solle gezeigt werden, dass der GDL nicht daran gelegen sei, die Reisenden zu bestreiken. Trotzdem könne der Streik ab Donnerstag auch Auswirkungen auf die Pünktlichkeit der Personenzüge haben.

Bei den ersten Streikaktionen lasse die Gewerkschaft die Reisenden also soweit es geht unbehelligt, erklärte der GDL-Vorsitzende Manfred Schell. "Wir wollen verhindern, die Kundschaft zu verärgern." Dennoch wollen die Lokführer nach dem Güterverkehr auch Personenzüge bestreiken. Während die GDL die Reisenden 24 Stunden vorher informieren will, wo und wann es zu Störungen kommen wird, sollen die Güterzüge "spontan bestreikt" werden.

Die Auswirkungen der Streiks werden aber nicht nur die Kunden im Fernverkehr zu spüren bekommen. "Die S-Bahnen werden sicherlich auch betroffen sein", sagte der GDL-Chef. Vielerorts stellt die Bahn im Auftrag der Länder den Nahverkehr.

Allerdings darf die GDL nach einer ersten Gerichtsentscheidung in Sachsen nicht zum Streik aufrufen. Damit setzte sich die DB Regio Netzverkehr mit ihren Forderungen in vollem Umfang vor dem Arbeitsgericht Chemnitz durch, wie ein Gerichtssprecher sagte. "Das ist eine gute Entscheidung im Sinne unserer Kunden", sagte ein Bahnsprecher.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes hat nach Angaben des Unternehmens auch Auswirkungen auf andere Bundesländer. Das Verbot von Streiks der Lokführergewerkschaft GDL betreffe nicht nur die Erzgebirgsbahn in Sachsen, sondern weitere regionale Gesellschaften, sagte ein Sprecher. Er korrigierte damit frühere Angaben eines anderen Bahn-Sprechers.

Betroffen sind demnach unter anderem die Kurhessenbahn und die Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn in Thüringen. Das Arbeitsgericht Chemnitz hatte am Montag der GDL verboten, bei einer Tochtergesellschaft zum Streik aufzurufen und dort den Ausstand durchzuführen.

Rund fünf Millionen Menschen betroffen

Nach Bahnangaben fahren pro Tag rund 33.000 Züge durch Deutschland, darunter 28.000 Personenzüge. Fünf Millionen Menschen sind täglich mit der Bahn unterwegs, davon rund 4,7 Millionen Menschen im Nahverkehr, der Rest in IC und ICE. Dazu kommen demnach internationale Züge mit rund 35.000 Fernreisenden.

Die Bahn will den Betrieb so gut es geht aufrecht erhalten und setzt auf die Beamten im Konzern. "Wir planen aus heutiger Sicht die komplette Bedienung aller ICE-Linien bundesweit, einzelner IC-Linien und wollen mindestens die Hälfte des Nahverkehrsangebotes aufrechterhalten", erklärte Bahnvorstand Rausch. Dass die Bahn mit den Staatsdienern die Auswirkungen des Streiks auffangen kann, hielten Gewerkschafter für unrealistisch. Nach Bahnangaben sind 40 Prozent der insgesamt 19.600 Lokführer Beamte. Die müssten jedoch die Strecken und Baureihen der Loks kennen, sagte Schell. Ein Güterzugführer könne nicht ohne weiteres auf einem ICE eingesetzt werden.

Wegen des Streiks droht der deutschen Industrie unterdessen ein Nachschub-Engpass. Wie der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) berichtete, erwarten viele Unternehmen massive Probleme. "Je nach Streikintensität könnten bis zu 80 Prozent der auf Schiene transportierten Güter brachliegen." Die Montan-, Chemie-, Lebensmittel- und Autoindustrie wäre von einem längeren Arbeitskampf besonders betroffen.

Bahn lehnt Ultimatum ab

Am Mittag hatten sich in einer Urabstimmung 95,8 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder für den ersten unbefristeten Ausstand seit 15 Jahren bei der Bahn ausgesprochen. Das Unternehmen will das Ultimatum der Arbeitnehmer-Vertreter verstreichen lassen und bis Dienstagabend kein neues Angebot für eine Lösung des Tarifstreites unterbreiten.

Stattdessen griff Bahn-Personalvorstand Margret Suckale die GDL an: "Wir haben den Eindruck, dass es der GDL-Spitze nur noch um eines geht: Um jeden Preis den Streik auszurufen", sagte sie. Die Gewerkschaft lehne Verhandlungen ab und wiederhole ihre Maximalforderungen. "Sie handelt damit unverhältnismäßig, unverantwortlich und unsolidarisch - zum Schaden des gesamten Wirtschaftsstandortes Deutschland." Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben auf den Streik vorbereitet und will einen eingeschränkten Fahrplan anbieten. Dabei sollen verbeamtete oder streikunwillige Lokführer eingesetzt werden.

Die Bundesregierung appellierte an Bahn und GDL, den Streik zu verhindern. "Wir erwarten, dass die Tarifpartner größte Anstrengungen unternehmen, eine Einigung zu erzielen", sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums. Im Falle eines Streiks will die GDL nach eigenem Bekunden Rücksicht auf den Urlaubsverkehr nehmen. Allerdings sei eine Beeinträchtigung der Reisenden nicht zu vermeiden, sagte der stellvertretende GDL-Vorsitzende Claus Weselsky im Bayerischen Rundfunk.

Schell erklärte, die Forderung der Gewerkschaft nach Einkommensverbesserungen um 31 Prozent sei nie ein Dogma gewesen. Jedem Mitglied sei klar, dass dies Verhandlungssache sei. Die Urabstimmung zeige aber, dass die Mitglieder zur Durchsetzung eines eigenständigen Tarifvertrags bereit seien. Von 11.712 verschickten Exemplaren zur Urabstimmung wurden 8.742 gültige Stimmen abgegeben, entsprechend einer Beteiligung von 74,7 Prozent, wie Schell mitteilte.

Arbeitsgerichte verhandeln

Zugleich gingen die gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Gewerkschaft und der Bahn in die nächsten Runden. In der Verhandlung über den Antrag der DB Autozug auf einstweilige Verfügung gegen einen Streikaufruf der GDL vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main einigten sich beide Seiten auf einen Vergleich.

Am Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab es noch keinen Termin für den Antrag auf Berufung der GDL gegen eine Entscheidung des Arbeitsgerichtes Düsseldorf. Am 1. August hatte dieses der Gewerkschaft verboten, im Nahverkehr von Nordrhein-Westfalen zum Streik aufzurufen.

(ap)
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