Schrumpfkur bei Fluggesellschaft Air Berlin halbiert Zahl der Strecken

Düsseldorf/Berlin · Lufthansa könnte schon am Dienstag entscheiden, einen Teil der Verbindungen des Konkurrenten Air Berlin zu übernehmen. Auch Tui ist an Strecken interessiert. 1000 Stellen der Linie stehen auf der Kippe.

Bei Air Berlin stehen 1000 Jobs auf der Kippe.

Bei Air Berlin stehen 1000 Jobs auf der Kippe.

Foto: rtr, AW/joh

Deutschlands zweitgrößte Fluglinie Air Berlin bereitet den Befreiungsschlag nach Jahren der Krise vor. Das Unternehmen wird womöglich schon morgen bekanntgeben, dass es fast alle Strecken abseits der Hauptstandorte Düsseldorf und Berlin abgibt. Es scheint sicher zu sein, dass der Lufthansa-Ableger Eurowings aus Köln die meisten Routen übernimmt, sagen Kenner der Vorgänge.

Gleichzeitig zeichnet sich laut "Süddeutscher Zeitung" ab, dass Air Berlin eine Reihe von Flugzeugen bei Tuifly einbringt. Das ist die Ferienfluggesellschaft der Tui, die bereits lange mit Air Berlin kooperiert. Als Ergebnis würde Air Berlin rund die Hälfte seiner 140 geleasten Maschinen abgeben. Etwa 1000 Stellen von 8600 Arbeitsplätzen könnten laut "Süddeutscher Zeitung" wegfallen. Am meisten betroffen wäre wohl die Verwaltung in Berlin, aber auch Technikjobs in Berlin oder Düsseldorf können wackeln, meinen Firmenkenner. Air Berlin kommentierte die Vorgänge nicht.

Möglicherweise haben die Pläne für den Flugbetrieb in Düsseldorf vorerst keine oder fast keine Auswirkungen. Insider des Flughafens berichten sogar, dass Air Berlin darüber nachdenkt, weitere Langstreckenflüge vom größten NRW-Flughafen anzubieten - immerhin 40 Prozent der wöchentlich 130 Intercontinentalflüge in Düsseldorf wickelt Air Berlin bereits ab. Kurzstreckenflieger aus Zürich oder Berlin bringen Umsteiger, um die Langstreckenmaschinen zu füllen. Auch der Haupteigentümer Etihad aus Abu Dhabi profitiert von diesen Umsteigern, weil er so seine eigenen Maschinen füllt.

Die Zusammenlegung der Ferienflugverbindungen von Air Berlin und Tuifly könnte Auswirkungen auf die Preise haben. "Wenn auf einzelnen Strecken das Angebot geringer würde", sagte der Schweizer Luftfahrtberater Thomas Jaeger, "könnte dies für weniger günstige Tickets sorgen." Er vermutet, dass sich das Kartellamt die Abgabe mancher Verbindungen von Air Berlin an Eurowings/Lufthansa genau anschauen wird. Jaeger: "Auf Rennstrecken wie Hamburg-München oder Hamburg-Stuttgart dominieren die beiden das Geschäft. Da könnte das Kartellamt eine Abgabe von Strecken anordnen."

Unruhe in der Belegschaft

Die Gewerkschaften sind von den Plänen Air Berlins irritiert. "Es herrscht riesige Unruhe in der Belegschaft", sagte Markus Wahl von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC). Die Firmenleitung müsse besser informieren. "Verdienen die von einem möglichen Wechsel betroffenen Piloten mehr oder weniger? Müssen sie ihren Wohnort wechseln? All dies sind Fragen, auf die die Beschäftigten Antworten haben wollen." Mit Blick auf eine Kooperation zwischen Air Berlin und der Lufthansa-Tochter Eurowings verspricht sich die VC nun von der morgigen Aufsichtsratssitzung der Kranich-Airline neue Aufschlüsse.

Auch die Gewerkschaft der Flugbegleiter (Ufo) fordert Klarheit. Ihr Vorstand Christoph Drescher sieht durch die Umstrukturierung eine Chance für Düsseldorf: "Die Landeshauptstadt wäre von einem Komplettausstieg aus dem innereuropäischen Feriengeschäft vermutlich weniger stark betroffen als Standorte wie Frankfurt, wo es ausschließlich touristische Aktivitäten gibt. Düsseldorf könnte sogar profitieren, wenn Air Berlin sein Langstreckengeschäft noch ausbaut." Die NRW-Landesregierung erklärt, sie hoffe auf "eine gute Lösung" für das Unternehmen, die Beschäftigten und den Luftverkehrsstandort Nordrhein-Westfalen.

(RP)
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