Radikale Reform gefordert Ärzte: Fünf Euro für jeden Praxisbesuch

Berlin (RP). Mit einer Praxisgebühr für jeden einzelnen Besuch will Kassenärzte-Chef Hansen die Zahl der Arztkontakte verringern. Facharztbesuche sollen bis zu 25 Euro kosten.

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Foto: ddp

Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Leonhard Hansen, hat eine radikale Reform der Praxisgebühr gefordert. Häufige Arztkontakte sollen empfindlich teurer werden. Für jeden Arztbesuch sollen Hansen zufolge fünf bis zehn Euro fällig werden. "Die Hemmschwelle, ärztliche Leistungen in Anspruch zu nehmen, ist immer noch niedrig", sagte Hansen unserer Redaktion. Derzeit beträgt die Praxisgebühr zehn Euro pro Quartal.

"Selbstverständlich brauchen wir Obergrenzen und Ausnahmeregelungen für chronisch Kranke", betonte Hansen. Es gebe in Deutschland aber bei den Versicherten ein fehlendes Empfinden, dass sie Kosten verursachten, und demgegenüber bei den Ärzten eine Mentalität des ständigen Wiedereinbestellens der Patienten: "Einmal beim Urologen, immer beim Urologen."

KV-Chef Hansen kritisierte weiter, dass es bisher noch nicht gelinge, den Hausarzt tatsächlich zum Lotsen im Gesundheitssystem zu machen. Die Versicherten würden vielmehr nach Belieben Fachärzte aufsuchen. Die Schwelle, ohne Überweisung zum Facharzt zu gehen, soll nach der Forderung Hansens erheblich steigen. 20 bis 25 Euro Praxisgebühr sollen für diesen Fall fällig werden. Für eine Überweisung zum Facharzt sollten die Versicherten noch fünf bis zehn Euro zahlen.

Deutsche gehen besonders häufig zum Arzt

Die Deutschen sind besonders eifrige Arztbesucher, wie aus einer Studie der Gmünder Ersatzkasse (GEK) hervorgeht. Im Jahr 2007 hat demnach jeder Versicherte durchschnittlich 18 Mal einen Arzt konsultiert. Dabei war er bei vier verschiedenen Medizinern — die Versorgung im Krankenhaus nicht eingerechnet. Die Zahlen sind rasch gestiegen. Im Jahr 2004 zählten die Statistiker nur 16 Arztbesuche pro Versichertem.

Die Gmünder Ersatzkasse leitet aus den Zahlen eine "erfreuliche Versorgungsdichte" in Deutschland ab. Es sei allerdings fraglich, ob das immer gleichbedeutend sei mit viel Beratung und guter Qualität, betont GEK-Chef Rolf-Ulrich Schlenker. Die Kehrseite der vielen Arztbesuche: Durchschnittlich behandelt jeder der 137.000 niedergelassenen Mediziner hierzulande 38 Patienten pro Arbeitstag.

Die jetzige Praxisgebühr hat nach Ansicht Hansens ihre Steuerungswirkung verloren. Die Hälfte der Arztbesucher sei von der Zahlung befreit. Hansen verspricht sich von einer höheren Praxisgebühr mehr Effizienz bei der Arztversorgung: "Wenn die Arztbesuche auf die notwendigen Fälle reduziert werden könnten, wird es auch weniger Wartelisten geben."

(RP)
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