Düsseldorf Thyssenkrupp tritt auf der Stelle

Düsseldorf · Die Fusionsgespräche mit dem indischen Konkurrenten Tata über eine Zusammenlegung der Stahlsparten dauern an - gegen den Widerstand der IG Metall. Ex- Gewerkschaftschef Wetzel favorisiert eine Aufspaltung des Konzerns.

Eine Demonstration der Stärke klingt anders. Ausgerechnet die beiden margenschwächsten europäischen Stahlhersteller würden sich verbünden, wenn eine Fusion der Stahlsparten von Thyssenkrupp und der indischen Tata Wirklichkeit würde. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die der Thyssenkrupp-Vorstand vor wenigen Wochen bei einer Präsentation vorlegte.

Seit fast eineinhalb Jahren verhandeln Thyssenkrupp und Tata nun, aber ein Ergebnis ist nach wie vor nicht absehbar. Thyssenkrupp führe "unter anderem" mit Tata Gespräche über ein Joint Venture, und die dauerten an, sagte gestern Finanzvorstand Guido Kerkhoff bei der Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal lediglich. "Wir werden bei diesem Prozess Sorgfalt walten lassen, weil aus unserer Sicht bestimmte Mindestkriterien erfüllt sein müssen", so Kerkhoff. Bei Tata gehöre eine Lösung für die hohen Pensionslasten in Großbritannien dazu. Selbst wenn es hier Klarheit gebe, bedeute das aber noch nicht, dass es automatisch auch zu einer Fusion kommen werde, blieb der Finanzchef vage.

Insbesondere die Arbeitnehmervertreter hat Konzernchef Heinrich Hiesinger gegen sich. Um eine Fusion zu verhindern, geht Ex-IG-Metall-Chef und Steel-Aufsichtsrat Detlef Wetzel nun in die Offensive. Er tritt dafür ein, nach dem Vorbild des Energiekonzerns RWE die Sparten Aufzüge, Autozulieferung und Anlagenbau vom zyklischen Stahlgeschäft abzuspalten und an die Börse zu bringen. Durch den Verkauf eines Minderheitsanteils von 25 Prozent flösse Thyssenkrupp das dringend benötigte Kapital zu. Das Stahlgeschäft mit den hohen Pensionsverpflichtungen hingegen verbliebe im Konzern.

Bei dieser Alternative besteht allerdings laut Insidern das Problem, dass die Industriesparte anders als der Stahl aus mehreren AGs und GmbHs besteht. Kerkhoff versicherte gestern, alle Optionen würden geprüft.

Bei einer Analystenkonferenz gestern Nachmittag sprach Hiesinger sich jedoch erneut für die Fusion mit Tata aus. Dadurch könnten Synergieeffekte gehoben werden, die bei anderen Lösungen nicht möglich wären. Zudem werde damit dem Problem der Überkapazitäten begegnet. Auch das Stahl-Joint- Venture an die Börse zu bringen, sei eine Möglichkeit, ergänzte Kerkhoff.

Für Thyssenkrupp drängt die Zeit, weil die beste Konjunkturphase für einen Börsengang verstreichen könnte. Zum anderen kämpft der Konzern mit einer schwachen Bilanz. Im abgelaufenen dritten Quartal lag die Eigenkapitalquote bei 6,5 Prozent. Die Prognose für den Cash Flow korrigierte Finanzchef Kerkhoff gestern nach unten.

Besonders gut schnitt im dritten Quartal ausgerechnet die Stahlsparte ab. Dank höherer Preise konnte sie ihr Ergebnis auf 232 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Im Gesamtkonzern stieg der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern daher um 41 Prozent auf 620 Millionen Euro. Unter dem Strich fuhr der Konzern einen Gewinn von 120 Millionen Euro ein.

Hiesinger bekräftigte die Prognose, wonach das bereinigte Ebit im Gesamtjahr auf 1,8 Milliarden Euro von 1,47 Milliarden Euro zulegen soll. Wegen der hohen Abschreibungen beim Verkauf seines brasilianischen Stahlwerks erwartet Thyssenkrupp aber unter dem Strich einen deutlichen Verlust. Nach neun Monaten liegt der Fehlbetrag bei 751 Millionen Euro.

Schlechte Nachrichten kommen für Thyssenkrupp auch aus Israel. Wegen einer Korruptionsaffäre hat die Bundesregierung nun eine Absichtserklärung über den Verkauf von drei U-Booten an Israel vorerst nicht unterschrieben, wie Kerkhoff bestätigte.

(RP)
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