Discounter-Riese Der Erbstreit bei Aldi-Nord spitzt sich zu

Essen/Düsseldorf · Nachdem Theo Albrecht vor Gericht damit scheiterte, die Erben seines Bruders machtpolitisch auszubooten, wirft er ihnen nun "Selbstbedienung" vor. Die Fehde der einst so verschwiegenen Familie wird zur öffentlichen Schlammschlacht.

Theo Albrecht: Erbstreit bei Aldi-Nord spitzt sich zu
Foto: Endermann, Andreas (end)

Nachdem sich Unternehmerwitwe Babette Albrecht und ihr Schwager Theo Albrecht Junior bereits vor Gericht streiten und sich in verschiedenen öffentlich bekanntgewordenen Briefen gegenseitig beschimpften, eskaliert der Streit bei einer der reichsten Familien Deutschlands nun weiter. Der eigentlich extrem zurückhaltend lebende Theo Albrecht äußerte sich gegenüber dem Magazin "Stern" erneut kritisch über seine Schwägerin und deren fünf Kinder. Sein Ziel scheint es, diese entweder aus dem Unternehmen zu drängen oder sie zu einem anderen Verhalten zu zwingen.

Der 65-Jährige wirft ihnen vor, gegen den letzten Willen seines 2012 verstorbenen Bruders Berthold zu verstoßen: "Ich bin sehr traurig darüber, dass Babette und ihre Kinder das Testament und die Stiftungssatzung ihres Ehemanns nicht akzeptieren wollen und diese bekämpfen", so Theo Albrecht. Er wolle dafür Sorge tragen, dass "eine Selbstbedienung am Vermögen auch weiterhin ausgeschlossen bleibt".

Hintergrund ist, dass Babette und ihre Kinder sich angeblich rund 100 Millionen Euro aus Familienstiftungen der Aldis auszahlen ließen - sicherlich ein hoher Betrag, aber gemessen am Umsatz und Gewinn der Aldi-Nord-Gruppe auch nicht völlig ungewöhnlich für deutsche Milliardärsfamilien. Aldi Nord macht einen Jahresumsatz von rund zwölf Milliarden Euro allein in Deutschland.

Tatsächlich hat der Streit schon 2010 begonnen. Als Berthold Albrecht als einer der zwei Söhne von Gründer Theo Albrecht bereits schwer krank war, stimmte er der Satzungsänderung bei einer Familienstiftung zu, die Bruder Theo und dem Aldi-Management dort großen Einfluss gegeben hätte. Doch nachdem Berthold gestorben war, focht nach einiger Zeit Babette die neue Satzung an - als Ergebnis haben seit Januar sie und ihre Kinder wieder die Kontrolle in der Stiftung.

Das ärgert Theo wiederum so sehr, dass er den Weg in die Öffentlichkeit sucht. "Es war für uns selbstverständlich, dass wir das Vermächtnis unseres Vaters erfüllen und die Unternehmensgruppe Aldi Nord in seinem Sinne weiterführen würden", erklärt er schriftlich gegenüber dem Hamburger Magazin. "Das bedeutet: Das Unternehmen steht immer an erster Stelle. Auch unsere Familien müssen sich dem unterordnen."

Anstoß nimmt der Discount-Milliardär offenbar auch am Bruch mit Familientraditionen: "Der Name Albrecht verpflichtet zu einem bescheidenen Lebensstil."

Attackiert wird damit vorrangig Babette, die sich auf einigen öffentlichen Feiern sehen ließ. In Wahrheit hatte aber schon Berthold mit dem bescheidenen Lebensstil der Aldis gebrochen: Beim spektakulären Prozess gegen den zu einer Haftstrafe verurteilten Düsseldorfer Kunsthändler Helge Achenbach war bekannt geworden, wie Berthold Albrecht für mehr als 100 Millionen Euro Kunstwerke und teure Oldtimer gekauft hatte - aus dem Verfahren ging sogar hervor, dass Babette Albrecht von diesen privaten Investitionen eher weniger begeistert war. Allerdings wollte sie die teuren Wagen behalten, erklärte sie bei der Gerichtsverhandlung.

Babette Albrecht und die Kinder weisen den Vorwurf, gegen den Unternehmenssinn zu handeln, über ihren Anwalt Andreas Urban zurück. Der besondere Zweck einer Familienstiftung bestehe in der Förderung der Familie. Die Ausschüttungen stünden in angemessenem Verhältnis zur Größe des Unternehmens. Außerdem würde die Familie zum Unternehmen stehen, erklärt Urban, der die renommierte Düsseldorfer Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek mitleitet: "Die Familie Berthold Albrecht beabsichtigt nicht, sich aus dem Unternehmen zurückzuziehen." Großvater, Vater und Ehemann hätten den Aldi-Konzern mit aufgebaut - also würden sie daran festhalten.

(RP)
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