Ein Monopol gerät ins Wanken Die Taxi-Branche kämpft gegen Neuerungen

Düsseldorf · Neue digitale Technologien setzen die Taxi-Branche zunehmend unter Druck. Anstatt sich zu öffnen, versuchen die Unternehmen mit allen Mitteln ihre alten Besitzstände zu wahren. Doch das Monopol gerät immer mehr ins Wanken.

Juni 2014: Europaweite Taxi-Streiks gegen Apps
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Foto: ap

Dem Schwaben wird nachgesagt, er sei traditionsbewusst, ordnungsliebend, pedantisch. Es gibt sogar einen Ausdruck, der diese Eigenschaften zusammenfasst: Kehrwoche — die regelmäßige Reinigung gemeinsam genutzter Wohnbereiche, die von der Website "Schwäbisch schwätza" als Mischung aus Nachbarschaftsbespitzelei und puritanischem Reinlichkeitsritual zusammengefasst wird.

Es verwundert daher nicht, dass es ausgerechnet die Stuttgarter Taxi-Fahrer sind, die sich mit gerichtlichen Auseinandersetzungen gegen Neuerungen stemmen, die da von außen auf ihr Gewerbe zukommen: Uber, Drivy und MyTaxi heißen die apokalyptischen Reiter, die der streng regulierten Branche den Kampf angesagt haben und neue Modelle der Mobilität in Deutschland salonfähig machen wollen.

Was genau macht Uber eigentlich?
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Foto: dpa, jbu pzi

Doch kampflos geben die Platzhirsche ihre Pfründe nicht auf: Am Montag trafen sich die Stuttgarter Taxifahrer und ihre Gegner — diesmal in Form des App-Anbieters MyTaxi — vor Gericht. Es ist nur ein Rechtsstreit von vielen, den die Taxi-Anbieter aktuell in Deutschland gegen Unternehmen führen, die ihr Geschäftsmodell bedrohen. Und so ging es offiziell um eine Rabattaktion, die MyTaxi im Mai gestartet hatte, inoffiziell jedoch um die Frage, wie die Personenbeförderung in Deutschland künftig aussieht.

Bislang war das Taxi-Gewerbe für die Unternehmer ein komfortables Geschäft: Preise werden von den Städten und Kreisen festgelegt, die Zahl der Konzessionen ist begrenzt. Die Folge sind stark schwankende Preise: Während für ein Taxi in Mönchengladbach nur ein Grundpreis von drei Euro fällig wird, sind es im nur 30 Kilometer entfernten Düsseldorf 50 Prozent mehr.

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Foto: dpa, mkx lof

Entsprechend verärgert waren die Taxi-Unternehmer, als der App-Anbieter MyTaxi die behäbige Branche mit einer Rabattaktion herausforderte: Anfang Mai warb das Unternehmen mit 50 Prozent Rabatt auf alle über die App vermittelten Fahrten. Die Taxi-Unternehmer schäumten: Rabatte - das darf es für Fahrten laut Personenbeförderungsgesetz doch gar nicht geben.

Hinzu kommt: MyTaxi, das den Fahrern bei der Rabatt-Aktion den ganz normalen Fahrpreis gezahlt und ihn nur den Kunden erstattet hat, ist nicht irgendein kleines Start-up, sondern inzwischen laut eigener Aussage mit 45 000 angeschlossenen Wagen der weltweite Marktführer unter den Taxi-Apps. 2014 wurde das erst fünf Jahre zuvor gegründete Unternehmen daher von einer Tochter des Automobilkonzerns Daimler übernommen — ausgerechnet dem Hersteller, in dessen Fahrzeugen noch immer ein Großteil der Taxi-Fahrer unterwegs ist.

Eindrücke von der Taxi-App Uber
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Foto: afp

Doch Daimler hat erkannt, dass durch die Digitalisierung neue Modelle in der Personenbeförderung entstehen. Mit Car2Go bieten die - welch Zufall - Stuttgarter bereits über ein eigenes Unternehmen in vielen Städten Car-Sharing an, MyTaxi ist nun der Versuch für die Vermittlung von Fahrten eine weltweite Plattform aufzubauen und zu etablieren, bevor es andere wie der kalifornische Anbieter Uber tun.

Für Uber fahren unter anderem private Fahrer, die sich mit Navigationsgeräten orientieren, während Taxifahrer noch immer Ortskenntnisse nachweisen müssen. Die Monopolkommission, die die Bundesregierung zum Thema Wettbewerb berät, hält viele der aktuellen Regeln für antiquiert. Auch Rückkehrpflichten, wie sie für Taxi-Fahrer noch immer gelten, seien überflüssig, heißt es in dem gestern vorgestellten Sondergutachten für die Bundesregierung. Das Expertengremium kommt daher zu dem Schluss: Es ist Zeit, dass Taxi-Monopol zu beenden.

(frin)
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