Frankfurt Steuervorteil futsch - Fusion geplatzt

Frankfurt · Der Pharmakonzern Pfizer sagt die Übernahme des Konkurrenten Allergan für 160 Milliarden Dollar ab. Der Grund: Die US-Regierung schränkt Vorteile ein, die sich Firmen durch die Verlagerung in Steueroasen wie Irland verschaffen.

Frankfurt: Steuervorteil futsch - Fusion geplatzt
Foto: Radowski

Es wäre die mit 160 Milliarden Dollar (140 Milliarden Euro) größte Fusion in der Pharma-Branche gewesen; der neue Konzern wäre mit einen Umsatz von 60 Milliarden Dollar der weltgrößte Hersteller verschreibungspflichtiger Medikamente gewesen. Aber nun wird nichts aus der Elefantenhochzeit. Das US-Pharmaunternehmen Pfizer hat die Übernahme des irischen Botox-Herstellers Allergan abgesagt. Der Grund: eine Verschärfung der Steuergesetze in den USA.

Dabei hatten sich die beiden Wunschpartner ihr Bündnis so schön ausgemalt. Der steuerliche Sitz des gemeinsamen Unternehmens sollte nämlich in Irland sein, obwohl das operative Geschäft aus den USA herausgeführt worden wäre. Mit der Verlagerung auf die grüne Insel jenseits des Atlantiks hätte man nur 12,5 Prozent Steuern zahlen müssen; in den USA liegt der Unternehmenssteuersatz bei 35 Prozent. Pfizer hätte somit pro Jahr mehr als eine Milliarde Dollar sparen können.

Doch da spielte die US-Regierung nicht mit. Finanzminister Jack Lew hatte schon am Montagabend überraschend angekündigt, strengere Regeln für die sogenannte Steuer-Inversion einzuführen. So soll die Steuerflucht aus den USA aufgehalten werden. Die Eile könnte mit der Veröffentlichung der Panama-Papers zusammenhängen. Erste Maßnahmen gegen die Steuerflucht waren schon vor zwei Jahren erlassen worden.

Mit den neuen Steuerregeln steigt aber auch das Risiko für Allergan selbst. Denn diese beschränken sogar auf 36 Monate rückwirkend solche "inversen Fusionen". Und der Botox-Hersteller ist noch nicht so lange irisch. Er war bei verschiedenen Zusammenschlüssen dabei und hat seinen Sitz erst in Irland, seitdem er im Februar 2015 mit Actavis zusammengegangen war. Damit fällt dieses Bündnis also noch in den Zeitraum von drei Jahren, für die die neuen Regeln gelten. Allergan wäre demnach für die Steuerbehörden immer noch eine amerikanische und nicht eine irische Firma. Die Steuerflucht aus den USA einzudämmen, ist eines der wenigen Themen, bei denen die Kandidaten der Republikaner und der Demokraten einer Meinung sind. Pfizer hatte schon zweimal versucht, eine solche Inversion zu erreichen, um die hohen amerikanischen Steuersätze zu umgehen. Zuletzt war 2014 der Versuch gescheitert, die britisch-schwedische Astra-Zeneca zu übernehmen.

Der geplante Zusammenschluss sei "in gegenseitigem Einvernehmen" abgebrochen worden, teilte Pfizer gestern mit. Dennoch muss der amerikanische Viagra-Hersteller der kleineren Allergan 150 Millionen Dollar wegen der Absage zahlen. Ursprünglich waren für den Fall einer Absage 400 Millionen Dollar Strafe verabredet worden - auch das war recht wenig für eine solch große Fusion gewesen. Offenbar hatten beide Vertragspartner das Risiko einer Verschärfung der Steuergesetze recht hoch eingeschätzt. Die Fusion sollte eigentlich im zweiten Halbjahr abgeschlossen werden.

"Die Strafzahlung sollte wenig Auswirkungen für Pfizer haben", vermutet Commerzbank-Analyst Uwe Treckmann, "denn im Fall einer Fusion wären ja auch zunächst Kosten angefallen." Die Aktien von Pfizer kletterten entsprechend trotz der Absage um gut zwei Prozent. Die Investoren hoffen nun offenbar, dass der Pharmaproduzent seine Aufspaltung in eine Sparte der Pharmazeutika mit Patentschutz und eine der patentfreien Generika wieder vorantreibt. Wegen der geplanten Fusion war dies aufgeschoben worden. Eine solche Aufspaltung würde mehr Wachstumsdynamik bringen. Ein weiterer Grund könnte allerdings auch sein, dass die zuständige US-Behörde Pfizer die Zulassung für das Biosimilar Inflectra erteilt hat, das gegen Arthtritis und andere schwere Autoimmunerkrankungen wirken soll. Biosimilars sind biotechnologisch hergestellte Arzneimittel mit innovativen Wirkansätzen. "Das dürfte gute Umsätze versprechen", erklärt Analyst Treckmann die Bedeutung dieser Nachricht für Pfizer.

(RP)
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