Gewinneinbruch Stahlkrise: Thyssenkrupp kassiert Prognose

Düsseldorf · Der Industriekonzern rechnet für das laufende Geschäftsjahr nur noch mit einem bereinigten Ergebnis von 1,4 Milliarden Euro.

Nach dem Ausscheiden beim australischen U-Boot-Deal hat Thyssenkrupp gestern eine weitere schlechte Nachricht innerhalb weniger Tage verkünden müssen: In der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres brach der Gewinn um 62 Prozent auf 37 Millionen Euro ein, wie das Unternehmen mitteilte. Der Umsatz ging um acht Prozent auf 19,4 Milliarden Euro zurück.

Hintergrund: Die Stahlkrise schlägt sich deutlich stärker in der Bilanz des Essener Industrieunternehmens nieder, als das Management noch vor drei Monaten angenommen hatte. Thyssenkrupp kassierte deshalb die Prognose für das laufende Jahr, wonach das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern zwischen 1,6 und 1,9 Milliarden Euro liegen sollte. Der Konzern geht nunmehr von 1,4 Milliarden Euro aus.

Als Grund für die Anpassung nannte Finanzvorstand Guido Kerkhoff daher auch den Preisverfall beim Stahl. Bei der Vorstellung der Daten für das erste Quartal hatte er noch erklärt, man habe die Talsohle bei den Stahlpreisen erreicht. Danach seien sie aber noch einmal gesunken, sagte Kerkhoff gestern.

Weltweit setzt den Stahlproduzenten die aggressive Strategie der chinesischen Konkurrenz zu. Nach Kerkhoffs Angaben sind 90 Prozent der chinesischen Stahlfirmen verlustträchtig - aber immer noch am Markt. Er forderte einen besseren Schutz der hiesigen Unternehmen. "Wir sind grundsätzlich Verfechter von freien Märkten und wollen keine Zugangsbeschränkungen." Es müssten aber für alle Marktteilnehmer gleiche Regeln und Standards gelten. Er äußerte sich positiv über die Maßnahmen der US-Regierung. Diese erhebe Importzölle in Höhe von 260 Prozent. Die Preise in Nordamerika hätten sich deshalb deutlich erholt. Auch in Europa seien leichte Verbesserungen zu erkennen. Trotzdem dürfte es aufgrund langfristiger Vertragskonditionen noch dauern, bis diese sich voll im Thyssenkrupp-Ergebnis widerspiegeln. Kerkhoff zufolge sei im vierten Quartal mit einer stärkeren Erholung zu rechnen als im dritten.

Mit Blick auf den an den französischen Konkurrenten DCNS verlorenen australischen Großauftrag zum Bau mehrerer U-Boote gab sich Kerkhoff betont gelassen. Man sei zwar traurig, nicht zum Zuge gekommen zu sein. Die Auftragsbücher bei Thyssenkrupp seien aber voll. Man habe bei den Planungen nicht mit den Einnahmen aus dem Australien-Geschäft gerechnet.

Tatsächlich hätte Thyssenkrupp die Mittel gut gebrauchen können. Denn auch die Eigenkapital-Ausstattung hat gelitten. Eine Neubewertung der Pensionsverpflichtungen aufgrund der Niedrigzinsen habe dieses um 600 Millionen Euro auf 2,8 Milliarden Euro gedrückt. Dies sei kein Grund, um über eine Auslagerung der Pensionsverpflichtungen nachzudenken, unterstrich der Finanzchef. Auch einer Kapitalerhöhung und dem Verkauf der U-Boot-Sparte erteilte er eine Absage. Angesprochen auf die Konsolidierungsgespräche im Stahl mit dem Konkurrenten Tata Steel wiederholte Kerkhoff die Linie des Konzerns: "Grundsätzlich redet jeder mit jedem."

(RP)
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