Andrea Nahles stellt Konzept vor Staatlich finanzierte Jobs für Arbeitslose

Berlin · Arbeitsministerin Nahles will mit einer Reihe von Programmen die Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen. Ab Juli 2015 sollen 10 000 Langzeitarbeitslose einen Job erhalten, für den es bis zu 100 Prozent Lohnzuschuss gibt.

 Andrea Nahles

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Foto: dpa, wk fdt

Die Bundesregierung kehrt zum alten Prinzip eines öffentlich geförderten Arbeitsmarktes zurück, um die Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) stellte gestern im Sozialausschuss des Bundestags ihr Konzept dazu vor. Unter dem Stichwort "Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt" will sie 10 000 Langzeitarbeitslosen einen Job verschaffen, für den die öffentliche Hand bis zu 100 Prozent Lohnzuschuss zahlt. Für das Projekt sollen 2015 insgesamt 75 Millionen Euro und in den Folgejahren 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Von der Förderung profitieren sollen insbesondere Langzeitarbeitslose mit gesundheitlichen Problemen sowie Mütter und Väter, die in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften leben.

Während dank der guten Konjunktur die Arbeitslosigkeit in Deutschland schon seit Jahren auf niedrigem Niveau liegt, hat sich die Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt. Etwa eine Million Menschen sind länger als ein Jahr ohne Arbeit und gelten damit als langzeitarbeitslos. Die Hälfte von ihnen ist seit zwei Jahren oder mehr ohne Beschäftigung. Der Großteil der Langzeitarbeitslosen hat ein oder mehrere Vermittlungshemmnisse wie einen fehlenden Berufsabschluss oder gesundheitliche Probleme. Auch für Alleinerziehende macht eine Vermittlung in Arbeit oft schwieriger. Im Vergleich der Industriestaaten liegt Deutschland mit seiner Langzeitarbeitslosenquote etwa zehn Prozent über dem Durchschnitt.

Neben den subventionierten Arbeitsplätzen für Langzeitarbeitslose will Nahles das bisherige Beratungsprogramm der Jobcenter "Perspektive 50plus" bis 2019 fortsetzen. Es soll aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (470 Millionen Euro) und Geldern der Bundesagentur für Arbeit (415 Millionen Euro) finanziert werden. Mit diesem Geld sollen rund 33 000 Menschen gefördert werden. Bei der Aufnahme von einem Job sollen die Leute noch ein halbes Jahr im Betrieb betreut werden. Das Problem bei Arbeitslosen, die viele Jahre aus dem Job raus waren, ist, dass sie sich oft mit Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortung schwer tun. In Konfliktfällen können dann die Betreuer helfen.

Der Koalitionspartner Union zeigte sich skeptisch gegenüber den Plänen von Nahles. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) forderte eine Gegenfinanzierung für die Pläne der Arbeitsministerin. "Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit darf nicht dazu führen, dass am Ende die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung steigen", sagte Fuchs unserer Zeitung. "Denn nichts ist so schädlich für die deutsche Wirtschaft in der aktuellen Phase wie höhere Sozialversicherungsbeiträge." Fuchs forderte, das Geld müsse an anderer Stelle eingespart werden: "Es gibt jede Menge Programme bei der Bundesagentur für Langzeitarbeitslose, die entsprechend gekürzt werden könnten."

Dem Deutschen Gewerkschaftsbund wiederum ist das Konzept zu "klein geraten", wie DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach kritisierte. Der Sozialverband VdK forderte einen "dauerhaft öffentlich geförderten Arbeitsmarkt".

Die Bundesagentur für Arbeit reagierte zurückhaltend auf Nahles' Vorstoß. "Bei einem immer noch guten konjunkturellen Umfeld ist es wichtig und richtig, zunächst eine marktwirtschaftliche Lösung zu finden", sagte BA-Vorstand Heinrich Alt unserer Zeitung. Das Ziel müsse sein, zunächst alle Anstrengungen darauf auszurichten, "einen Platz im Unternehmen zu finden und nicht auf der Ersatzbank". Alt verwies auf den Ansatz der Bundesagentur "Perspektiven in Betrieben", der derzeit in Nordrhein-Westfalen und im Saarland erprobt werde. "Er zeigt, dass wir auch Menschen in Beschäftigung integrieren können, die wir als besonders marktfern eingeschätzt haben." Man könne und wolle nicht alles über Geld lösen, betonte Alt.

Voraussichtlich sollen die Neuregelungen für Langzeitarbeitslose in einem Gesetz verbunden werden mit Nahles' Plänen, die Regeln für Hartz-IV-Bezieher zu entschärfen. So sollen beispielsweise junge Hartz-IV-Bezieher nicht mehr härter sanktioniert werden als ältere, wenn sie gegen Auflagen verstoßen.

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(qua)
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