Düsseldorf Speichermedien mit Verfallsdatum

Düsseldorf · Alle zwei Jahre verdoppelt sich die Menge unserer Daten. Nach Einschätzung von Experten sind Fotos, Videos und Dokumente langfristig in der Cloud besser aufgehoben als auf Band, Stick oder Papier. Aber auch sie ist kein Allheilmittel.

Düsseldorf: Speichermedien mit Verfallsdatum
Foto: Zörner

Hans fotografiert gerne und surft regelmäßig im Internet. Statistisch gesehen hat er 2007 auf diese Weise 45 Gigabyte Daten produziert. 2013 waren es schon 600 Gigabyte, bis 2020 soll sich diese Zahl verzehnfachen, so eine Studie des IT-Unternehmens Dell. Laut Statistik würde jeder Mensch 2020 im Schnitt sechs Terabyte Datenvolumen im Jahr ins digitale Universum blasen. Und einiges davon auch behalten wollen - Erinnerungen, wichtige Dokumente, die Lieblingsmusik. Für sich, die Nachkommen, für die Ewigkeit.

Aber wie lassen sich Daten am besten archivieren? Im Zeitalter der Digitalisierung wird die Frage der Langzeit-Datenspeicherung immer dringlicher. Das Problem: Nicht alle Internetnutzer wollen ihre Urlaubserinnerungen, Ideen und Gedanken einer virtuellen Wolke überlassen. Obwohl die Cloud laut Experten die sicherste und bequemste Variante ist, die eigene Welt in Codes abzuspeichern, hängen viele Nutzer an herkömmlichen Speichermedien: Musik wird auf Schallplatten und CDs gehortet, Urlaubsfotos werden in Alben geklebt, Unterlagen in Ordner geheftet. Sichtbar, greifbar, mit Staub bedeckt. Das erscheint sicherer. Aber ist das auch sinnvoll?

Immerhin, selbst die Regierung macht das noch so. Im Barbarastollen im Breisgau lagern 30 Millionen Meter Mikrofilm in luftdichten Edelstahlbehältern. Etwas veraltet, könnte man meinen. Aber die deutsche Geschichte kann so theoretisch bis zu 500 Jahre erhalten bleiben.

Das können die wenigsten Datenträger leisten. Für Privatpersonen sei diese Form der Archivierung natürlich ungeeignet, sagt Marc Fliehe, Sicherheitsbeauftragter beim IT-Branchenverband Bitkom. Der Experte rät, mit der Zeit zu gehen. Neben der Langlebigkeit eines Datenträgers müsse auch erwogen werden, welche Dateiformate und Abspielgeräte über die Jahre überhaupt noch auf dem Markt verfügbar seien. "Etwa alle fünfzehn Jahre", schätzt Fliehe, müssten Verbraucher ihre Datensicherungen auf einen neuen Datenträger überspielen. Von der Super 8-Rolle auf die Videokassette, von der Videokassette auf DVD und dann wieder auf Festplatte.

Oder doch besser in die Cloud? Schließlich währen auch die Speichermedien der Digitalisierung nicht ewig. Eine CD etwa kann nach Angaben von Herstellern zwar bis zu 100 Jahre funktionsfähig bleiben, doch können Temperatur, Licht und Luftfeuchtigkeit die Haltbarkeit der in den 80er Jahren entwickelten Polycarbonat-Scheibe erheblich einschränken. Schon die falsche Etikettierung mit lösungsmittelhaltigen Substanzen kann die Daten auf der Compact Disc für immer zerstören. Und auch eine Festplatte ist vor Datenverlust nicht gefeit.

Die Cloud mag da trotz Sicherheitsbedenken die Lösung sein. Dort könnten die Daten theoretisch für immer erhalten bleiben, sagen die Anbieter. Die meisten Server stehen zwar in den USA, wo die Daten anderen Schutzrechten unterliegen als in Deutschland. Das schreckt ab. Dennoch ist sich die IT-Branche einig: An der Cloud führt in Sachen Datensicherung kein Weg mehr vorbei. "Die Cloud wird bleiben", sagt Christoph Meinel, Leiter des Hasso-Plattner-Instituts für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam, "sie ist ein enormer Fortschritt; nicht nur für die Datenspeicherung."

Die Cloud habe gegenüber herkömmlichen Speichermethoden vor allem den Vorteil der professionellen Datenverwaltung. "Wenn ich meine Daten in die Cloud gebe, sorgen Experten dafür, dass sie sicher sind", sagt Meinel, "und auch dafür, dass die Sicherungen stets auf dem neusten Stand bleibt." Ein ständiges Überspielen würde überflüssig.

Und schließlich könnten Daten, die zu Hause auf optischen Datenträgern gesichert würden, auch geklaut, bei einem Brand oder Wasserschaden vernichtet werden. Der Cloud-Anbieter müsse nur richtig geprüft werden, vor allem die Sicherheitsversprechen müssten gelesen werden, sagt Meinel. "Bei kostenlosen Diensten muss man sehr vorsichtig sein", warnt er. Denn eine professionelle Datensicherung sei schließlich aufwendig und somit teuer.

Die Cloud habe aber noch andere Vorteile, sagt Marc Fliehe. Kapazität, Geschwindigkeit, Gewicht und Größe, automatische Verschlüsselung und der Komfort, etwa einer ständigen Synchronisation, seien weitere Pluspunkte. Letztlich, so die Experten, müsse der Anwendungsfall entscheiden. Möchte man Daten vor Hackern oder vor der NSA schützen? Fotos nur zu Hause mit Freunden anschauen oder mobil abrufbar wissen? Nicht einmal die Cloud sei ein Allheilmittel. Hochsensible Daten würden selbst Experten lieber "am Mann" wissen. Was irgendwann auch wörtlich zu nehmen sein könnte: Microsoft experimentiert mit künstlich hergestellten DNA-Strängen, mit denen man Infos dichter packen und Jahrhunderte erhalten können soll.

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