Washington Schäuble: EZB-Politik lässt deutsche Exporte steigen

Washington · Der Finanzminister weist die Kritik des Internationalen Währungsfonds an den deutschen Exportüberschüssen zurück.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat ihre Kritik am hohen deutschen Exportüberschuss bekräftigt. Lagarde sagte gestern zum Auftakt der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington mit Blick auf den Überschuss: "Nicht alles davon ist gerechtfertigt."

Lagarde hatte schon zu Wochenbeginn erklärt, Deutschland müsse seinen zu hohen Leistungsbilanzüberschuss von acht Prozent halbieren. Auch der französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron hatte den deutschen Überschuss als "nicht mehr tragbar" bezeichnet. Andere Länder werfen Deutschland vor, seinen Wohlstand auf ihre Kosten zu erwirtschaften, indem die deutsche Volkswirtschaft seit Jahrzehnten mehr im Ausland verkauft als einkauft. Gegenstück der überschüssigen Handelsbilanz ist allerdings ein hohes Defizit in der Kapitalbilanz: Deutsche Sparer haben international viel Geld angelegt und finanzieren damit dort Investitionen und Konsum.

Lagarde gestand Deutschland zu, dass die Bundesrepublik bereits am Abbau arbeite und seine Investitionen etwa in Kinderbetreuung und Flüchtlingshilfe ausbaue. "Ich habe Kanzlerin Angela Merkel gesagt, dass Investitionen in den Ausbau der Breitband-Infrastruktur eine gute Idee wären", sagte Lagarde.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies die Kritik in Washington zurück. Die deutsche Wirtschaft sei sehr wettbewerbsfähig, deshalb würden ihre Produkte in aller Welt nachgefragt. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) könne die Bundesregierung zudem nicht beeinflussen. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss sei durch die ultralockere Geldpolitik der EZB seit 2012 gestiegen. Er habe EZB-Chef Mario Draghi zum Start der massiven EZB-Staatsanleihekäufe damals gewarnt, dass Deutschlands Exportplus dadurch weiter zunehmen werde, sagte Schäuble. "Ich kritisiere die EZB-Politik nicht. Aber ich möchte auch nicht für deren Konsequenzen kritisiert werden", sagte Schäuble. Die Anleihekäufe führten zu einem dauerhaft schwächeren Euro-Kurs, der die deutschen Exporte stimuliert.

Der Leistungsbilanzüberschuss werde absehbar sinken, weil etwa die Löhne in Deutschland stiegen, prognostizierte der Finanzminister. Allerdings ist ein rückläufiger Trend aktuell noch kaum sichtbar. Das geht aus dem jüngsten Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums hervor, der heute erscheint. Demnach verringerte sich der Überschuss im Januar und Februar verglichen zum Vorjahreszeitrum nur um 0,7 auf 34,4 Milliarden Euro. Der reine Handelsbilanzüberschuss war mit 39,3 Milliarden sogar erneut um 2,7 Milliarden Euro höher als im Januar und Februar 2016. "Die deutschen Warenausfuhren dürften auch im weiteren Jahresverlauf zunehmen", so der Monatsbericht. Denn das globale Wirtschaftswachstum ziehe leicht an.

(mar)
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