Essen RWE: Milliardengewinn dank Steuerurteil

Essen · Die Erstattung der Brennelementesteuer verhilft dem Konzern wie dem Rivalen Eon zu einem deutlich höheren Überschuss. Die Aktionäre, vor allem die kommunalen, sind einstweilen beruhigt. Das Stromgeschäft bleibt schwierig.

Die Erfolgsrechnungen deutscher Energiekonzerne vermitteln dem Leser dieser Tage das Gefühl von Déjà vu. Wie der Konkurrent Eon in der vergangenen Woche hat nun auch der Essener Versorger RWE dem durch Kraftwerk-Abschreibungen ausgelösten Rekordverlust des Vorjahres einen Milliardengewinn für die ersten sechs Monate 2017 folgen lassen, und wie der Wettbewerber profitiert RWE von der Rückerstattung der zu Unrecht vom Staat verlangten Brennelementesteuer. Die ist für die Energiemultis in diesem Jahr zum wichtigsten Faktor in der Bilanz geworden. Bei RWE heißt das in Zahlen: Rund 1,7 Milliarden Euro hat der Konzern schon vom Bund zurückbekommen, und mit den darauf entfallenden 250 Millionen Euro an Zinsen rechnet er noch in diesem Jahr. So entsteht unter dem Strich ein Überschuss von 2,7 Milliarden Euro, beinahe eine Verfünffachung des Ergebnisses aus den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres.

Ein Teil der Steuererstattung ist in die Tilgung von Verbindlichkeiten geflossen. Die Schulden des Konzerns sind um mehr als eine Milliarde Euro gesunken und betragen noch 21,5 Milliarden Euro. Der Steuersegen bringt zwar nach Angaben von Vorstandschef Rolf Martin Schmitz auch eine zusätzliche Steuerlast von 200 Millionen Euro mit sich. Aber davon komme wiederum die Hälfte kommunalen Aktionären zugute, die zusätzlich Gewerbesteuer kassierten, so der Konzernchef.

Im Übrigen sind bei RWE auch ohne die Steuererstattung Fortschritte zu erkennen. Das bereinigte Nettoergebnis beträgt etwas mehr als 800 Millionen Euro, und das ist immerhin ein Drittel mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Das bereinigte Vorsteuerergebnis (Ebitda) ist um sieben Prozent auf 3,2 Milliarden Euro gestiegen. Der Energiehandel läuft besser und bringt wieder Gewinn, gleichzeitig sind die Pensionsverpflichtungen gesunken.

Das Geschäft mit der Stromproduktion bleibt dagegen schwierig. Das gilt für Braunkohle und Kernenergie genauso wie für den Strom, der aus Gas, Steinkohle, Biomasse und Wasserkraft entsteht. In beiden Bereichen sind die Ergebnisse deutlich zurückgegangen. Immerhin haben die Großhandelspreise ihre Tiefststände hinter sich. Aber Grund zur Begeisterung besteht angesichts von Ergebnisrückgängen (bereingtes Ebitda) von 15 respektive 30 Prozent nicht.

Und noch eine Gemeinsamkeit: Wie bei Eon wird auch bei RWE über einen Verkauf des Aktienpakets am größten Ableger spekuliert, und am Ende kreuzen sich da womöglich die Wege. RWE, selbst mit einem Anteil von 77 Prozent noch Großaktionär beim Ökostrom-Anbieter Innogy, wird als Interessent für das 47-Prozent-Paket gehandelt, das Eon noch an Uniper hält, und das wäre am Markt derzeit 3,3 Milliarden Euro wert. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz mag sich dazu nicht äußern: "Ich habe schon mehrfach gesagt, dass wir alle Optionen prüfen und alle auch alle heißt" - das ist die Antwort des Vorstandsvorsitzenden. Aber: RWE will sich nicht mehr dauerhaft an Kernkraftwerken in anderen Ländern beteiligen. In dem Bereich ist Uniper aber zumindest noch in Schweden aktiv. Ein Engagement generell ausgeschlossen ist damit natürlich noch nicht. Was die Innogy-Beteiligung (über 15 Milliarden Euro wert) angeht: Natürlich könnte ein Verkauf die Schuldenlast noch einmal deutlich senken. Aber: "Wir stehen bei Innogy nicht unter Verkaufsdruck", sagt Schmitz.

Die eingangs erwähnte Steuererstattung hat einen positiven Effekt für die RWE-Aktionäre. Die bekommen nämlich einen Euro je Aktie als Sonderdividende, und dazu kommen noch einmal wie geplant 50 Cent je Anteilsschein. Zwei Jahre lang sind die Eigentümer leer ausgegangen, und das hatte vor allem einige kommunale Aktionäre verstimmt, die schon mit dem Ausstieg aus RWE geliebäugelt hatten. Davon ist derzeit keine Rede mehr.

(RP)
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