Leverkusen Raus aus dem Dax Rein in den Dax

Leverkusen · Nach zwei Jahren ist für ProSieben Schluss im deutschen Leitindex.

Die Aktie des Medienkonzerns ProSiebenSat1 ist gestern um mehr als sechs Prozent abgestürzt. Natürlich, möchte man sagen, denn jedes Mal, wenn der Abstieg eines Unternehmens aus dem Dax bekannt ist, verliert die Aktie an Attraktivität. Fondsmanager, die die Zusammensetzung ihrer Fonds an den großen Indizes ausrichten, verkaufen die Aktie.

Und so hat sich der Wertverlust der vergangenen Monate bei ProSiebenSat1 fortgesetzt. Sieben Milliarden Euro beträgt die Marktkapitalisierung des Unternehmens, und das ist eindeutig zu wenig, um die Mitgliedschaft im Dax aufrechterhalten zu können. Zum Vergleich: Bis auf RWE (knapp 9,8 Milliarden Euro) kommen alle Dax-Mitglieder auf zwei- oder gar dreistellige Milliarden-Börsenwerte.

Der Absturz des Medienkonzerns hat sich schon länger abgezeichnet. Im dritten Quartal 2017 beispielsweise verlor die Sendergruppe bei den Werbeerlösen Marktanteile an den Rivalen RTL, zudem gab es Probleme im Fernseh- und Videogeschäft. Das Unternehmen musste mehrmals seine Ergebniserwartungen nach unten korrigieren.

Zwei Jahre hat ProSiebenSat1 im Dax verbracht. Damals starteten die Münchener mit einem Kurs von 44,65 Euro. Zwei Monate später notierte die Aktie bei 45,91 Euro, aber dann war der Höhenflug vorbei. Mit kurzen zwischenzeitlichen Erholungsphasen ging es kontinuierlich bergab bis auf 24,95 Euro im November des vergangenen Jahres.

Kurz darauf demütigte der damalige Konzernchef Thomas Ebeling noch Teile des eigenen Publikums: "Es gibt Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und gerne unterhalten werden wollen. Das ist eine Kernzielgruppe, die sich nicht ändert." Ebeling musste kurz darauf gehen. Der Aktienkurs stieg wieder, aber auf früheres Niveau hat Interims-Nachfolger Conrad Albert ihn noch nicht bringen können. Dafür sind ein paar Wochen aber auch deutlich zu wenig.

Schneller als erwartet steigt die Bayer-Tochter Covestro in die erste Liga auf. Vom 19. März an ist der Chemiekonzern im Dax. So hat es die Deutsche Börse beschlossen, weil Börsenwert und Streubesitz nun hoch genug sind. "Wir freuen uns sehr über die Aufnahme in den Dax. Dadurch wird Covestro eine noch größere Aufmerksamkeit gewinnen", sagt Covestro-Chef Patrick Thomas. Schon gestern griffen Anleger zu: Die Aktie legte um über vier Prozent zu. Fonds, die den Dax nachbilden, müssen sich neu eindecken.

Eine Erfolgsgeschichte: Bayer hatte 2015 sein Kunststoffgeschäft unter dem Namen Covestro abgespalten und so seine historischen Wurzeln gekappt. Bayer hatte vor über 150 Jahren als kleiner Chemie-Hersteller begonnen - mit der Herstellung synthetischer Farbstoffe. 2015 galt Bayer Material Science, wie die Sparte damals hieß, als Aschenputtel des Konzerns. Während der Finanzkrise waren die Geschäfte eingebrochen, man verdiente die Kapitalkosten nicht. Der Börsengang verlief holprig, der Start wurde verschoben, die Preisspanne gesenkt. Für 24 Euro ging Covestro am 6. Oktober 2015 an die Börse. Doch mit der Konjunktur zogen die Geschäfte an: Covestro stellt Polyurethane (Schäume für Bau- und Autoindustrie), Polycarbonate (für CD-Hüllen) und Lacke her. Aktuell profitiert Covestro zudem von Lieferproblemen der Konkurrenz. Die Covestro-Aktie hat sich bis heute mehr als verdreifacht und notiert bei 89 Euro.

Bayer stieg in Etappen aus und hält noch 14 Prozent. Damit kommt Covestro auf einen Streubesitz von 86 Prozent. Je größer der Streubesitz ist, desto besser, findet die Deutsche Börse. Darum hat die vom Umsatz her etwa gleich große Evonik derzeit keine Chance, denn sie gehört zu zwei Dritteln der RAG-Stiftung.

Mit den Verkäufen erlöste Bayer Milliarden, die der Konzern nun in den Kauf von Monsanto stecken will. Schon 2004 hatte Bayer seine Spezialchemie in Lanxess abgespalten. 2012 stieg Lanxess in den Dax auf, musste aber 2015 zurück in die zweite Liga.

(anh)
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