Hilden Neuer Bluttest hilft im Kampf gegen Krebs

Hilden · Die Gesundheitskosten steigen gewaltig, weil die Menschen immer älter werden. Die Hoffnungen ruhen nun auf personalisierter Medizin, mit der etwa Krebs besser therapierbar wird. Der Marktführer heißt Qiagen und sitzt in Hilden.

Die Gesetze der Demoskopie gehen auch an NRW nicht vorüber. Im Gesundheitssektor gilt hier wie überall: Die Menschen werden immer älter und kranker. Deshalb muss Medizin auf Vorsorge setzen - und auf Personalisierung. Sie ist wichtig, damit Ärzte nicht gießkannenartig ein Medikament über einer Krankheit ausschütten, sondern die Trefferquote vorhersagen können - wenn etwa ein Patient mit seiner Krebskrankheit molekulargenetische Muster aufweist, die ihn für ein Medikament geeigneter erscheinen lassen als andere Patienten.

Marktführer im Bereich der personalisierten Medizin ist der in Hilden residierende Konzern Qiagen. Soeben ist ihm ein Durchbruch gelungen: Qiagen hat einen Bluttest entwickelt, der kleinste Spuren von DNA analysiert, die ein Tumor ins Blut abgibt. Dieser Test als Ergebnis einer sogenannten Flüssigbiopsie ist präzise wie eine Gewebebiopsie. Was das für Krebskranke bedeutet, zeigt der bereits zugelassene Bluttest bei Lungenkrebs.

Wer bislang wissen wollte, ob Patienten auf das Medikament Iressa ansprechen, musste ihnen Gewebe entnehmen - eine oft quälende Prozedur, körperlich und seelisch. Die Vorteile von Bluttests liegen auf der Hand. Die leichte Zugänglichkeit der Blutproben ermöglicht eine Verlaufskontrolle. Auch ergeben sich Einsparpotenziale fürs Gesundheitssystem. Dieser finanzielle Aspekt von effektiven diagnostischen Verfahren ist von erhöhter Wichtigkeit.

Der medizinische Fortschritt und das steigende Alter der Menschen sorgen dafür, dass die Kosten für die Gesundheitsversorgung schon seit Jahren deutlich schneller steigen als die allgemeine Teuerungsrate. Dieser Trend wird sich noch beschleunigen. In den vergangenen 40 Jahren ist der Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung um fünf Prozentpunkte gewachsen. In Kassenkreisen rechnet man damit, dass es mindestens in dieser Geschwindigkeit weitergeht.

Bis 2030 könnte der Beitragssatz also von heute durchschnittlich 15,5 auf 17,5 Prozent steigen. Die Steigerungen müssen allein die Versicherten zahlen. Der Anteil der Arbeitgeber bleibt bei den heutigen 7,3 Prozent festgeschrieben. Die Steigerungen für die private Krankenversicherung liegen noch deutlich höher. Saftige Erhöhungen sind auch in der Pflegeversicherung zu erwarten. Nach einer Prognose des Freiburger Ökonomen Bernd Raffelhüschen klettert der Beitragssatz von heute 2,35 (Kinderlose 2,6) auf vier bis 4,5 Prozent im Jahr 2045.

Bei der Pflege droht nicht nur ein erheblicher Kostenanstieg, sondern auch eine Verschärfung des Fachkräftemangels. Die Autoren der PrognosStudie "Wirtschaftsstandort NRW 2030" hegen allerdings die Hoffnung, dass die Kosten für die Pflege im Zaum gehalten werden können, indem künftig durch eine bessere gesundheitliche Prävention die Pflegebedürftigkeit hinausgezögert werden kann. Zudem sollten Anstrengungen unternommen werden, den Anteil der Pflegebedürftigen, die in einem Heim leben von heute 30 auf künftig 20 Prozent zu senken, raten die Autoren.

Durch mehr ambulante Pflege durch Angehörige oder professionelle Dienste ließe sich die Pflegefachkräftelücke um 40 Prozent reduzieren. Falls das nicht klappe, drohe eine Lücke von mehr als 30 000 Fachkräften in der Pflege in 2030, so das Institut. Für die Rentenversicherung ist festgelegt, dass der Beitragssatz bis 2020 nicht über 20 und bis 2030 nicht über 22 Prozent wachsen soll. In den Kranken- und Pflegekassen werden die Risiken sozialisiert: Nach Einkommen gestaffelt, müssen Gesunde wie Kranke den gleichen Beitrag zahlen.

Die Risiken zu erkranken und die Chance auf ein langes gesundes Leben sind indes unterschiedlich verteilt, auch regional, wie der Gesundheitsreport der AOK Rheinland/Hamburg belegt. So leben Menschen in Bonn am längsten, Frauen werden fast 84 Jahre alt, Männer knapp 80. In Duisburg ist die Lebenserwartung am niedrigsten: 81 Jahre für Frauen, 76 Jahre für Männer. Einkommensunterschiede werden dafür verantwortlich gemacht.

Gutverdiener achten meist mehr auf ihre Gesundheit und haben auch als Kassenpatienten besseren Zugang zur medizinischen Versorgung. Das geplante Präventionsgesetz soll diesen Unterschied mildern.

(RP)
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