Düsseldorf Prozess nach mehr als acht Jahren

Düsseldorf · Aktionäre wollen nach der gescheiterten VW-Übernahme von Porsche Schadenersatz. Auf den Prozess mussten sie lange warten.

Ende Oktober 2008 stand die ohnehin manchmal verrückte Börsenwelt kopf. Binnen kurzer Zeit verdoppelte sich der VW-Aktienkurs auf mehr als 1000 Euro, nachdem der Sportwagen-Hersteller Porsche verkündet hatte, man wolle mehr als 75 Prozent der Volkswagen-Anteile übernehmen. Der Autobauer aus Wolfsburg war für kurze Zeit das wertvollste Unternehmen der Welt. Darüber konnte man sich als VW-Aktionär freuen, wenn man günstig eingestiegen war und jetzt einen fetten Gewinn einfahren konnte. Wer dagegen zuvor auf fallende Kurse gesetzt hatte, erlebte den vermutlich größten Schock seines Aktionärsdaseins.

Am Ende platzte der Plan wie eine Seifenblase. Heute hält die Porsche Automobil Holding SE "nur" knapp 31 Prozent der Anteile, die Marke Porsche ist nur noch eine von zehn unter dem Dach von Volkswagen.

Neun Jahre später hat die Übernahmeschlacht ein juristisches Nachspiel. 42 Anleger, die wegen der gestiegenen Kurse teils hohe Verluste erlitten haben, klagen in einem Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Celle gegen Porsche und VW. Sie werfen den Autobauern irreführende Informationen vor, die verantwortlich gewesen seien für falsche Anlegerentscheidungen. Allerdings hat das Gericht die Erwartungen der Kläger schon gedämpft. Von bewusster Irreführung kann aus seiner Sicht nicht die Rede sein.

Kurzer Rückblick: Porsche teilte 2008 mit, der Konzern habe Zugriff auf 74,1 Prozent der VW-Aktien, davon rund 30 Prozent durch Optionen. Man plane einen Beherrschungsvertrag. Die Nachricht trieb den Börsenwert von VW steil nach oben. Warum? Anleger, die vorher in der Erwartung sinkender Kurse Aktien geliehen hatten, um sie zu verkaufen und anschließend gegen billig eingekaufte VW-Aktien zu tauschen, mussten schnell nachkaufen, um ihre Verluste zu begrenzen. Fondsmanager, die den Dax abbildeten, gerieten in Not, weil sie so schnell gar nicht nachkaufen konnten. Denn es waren kaum noch Papiere auf dem Markt. 74 Prozent waren rechnerisch bei Porsche, 20 Prozent beim Land Niedersachsen. Für den Rest gab es so viele Kaufinteressenten, dass der Kurs explodierte.

Dass Investoren auf sinkende Kurse setzten, hatte seinen Grund. Denn ein halbes Jahr zuvor hatte Porsche in einer Pressemitteilung noch Spekulationen zurückgewiesen, man wolle seinen Anteil auf 75 Prozent aufstocken. Das hätte den Kurs von VW nach unten gehen lassen sollen. Das Bekenntnis vom Oktober 2008 brachte all dies durcheinander. Die Investoren werfen den Unternehmen insofern irreführende Presseerklärungen vor - auch VW, das von den tatsächlichen Porsche-Plänen auch schon im März 2008 gewusst habe, so der Vorwurf.

Der Prozess vor dem OLG Celle, der physisch im Landgericht Hannover stattfindet und für den zehn Verhandlungstage angesetzt worden sind, bezieht seinen Reiz daraus, dass es um ein Musterverfahren geht, dessen Ausgang für alle anderen Klagen in diesem Zusammenhang bindend sein könnte. Kläger ist die ARFB Anlegerschutz UG, eine Inkassogesellschaft, an die die Investoren ihre Ansprüche abgetreten haben. Die Gesellschaft wird von der Kanzlei Tilp aus Kirchentellinsfurt vertreten.

Andere Investorenklagen sind abgelehnt worden. Hedgefonds etwa, die Schadenersatz in Milliardenhöhe gefordert hatten, scheiterten vor dem Bundesgerichtshof. Auch der Versuch, Manager wegen Kursmanipulation strafrechtlich zu belangen, blieb ohne Erfolg. Die früheren Porsche-Vorstände Wendelin Wiedeking und Holger Härter wurden zu Jahresbeginn vom Landgericht Stuttgart freigesprochen. Ungeachtet seines juristischen Erfolges war Wiedeking einer der großen Verlierer. Der damalige Porsche-Chef war zuvor gefeiert worden wegen seiner Erfolge und gerügt, weil er sich den ständigen Veröffentlichungszwängen der Börse versagt hatte. Er wollte aus VW und Porsche zusammen einen noch profitableren Autobauer machen. Doch mit dem Aus bei Porsche war Wiedekings Ruf zerstört.

(RP)
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