Ernst Günter Walter im Interview Polizist will deutschen Beamtenbund führen

Düsseldorf · Bei der Wahl des neuen dbb-Vorsitzenden kommt zu einer Kampfabstimmung zwischen Ulrich Silberbach von der Komba und Ernst G. Walter aus NRW, Chef der Deutschen Bundespolizeigewerkschaft (DpolG).

 "Es muss immer um die Sache und das Wohl unserer Mitglieder gehen": Ernst Günter Walter.

"Es muss immer um die Sache und das Wohl unserer Mitglieder gehen": Ernst Günter Walter.

Foto: csh

Wie man hört, werden Sie bei Ihrer Kandidatur von Rainer Wendt nicht unterstützt. Wie finden Sie das?

Walter Rainer Wendt hatte ursprünglich auch Ambitionen für die Bundesleitung des DBB. Er wollte in enger Absprache mit dem seinerzeit einzigen BV-Kandidaten als Stellvertreter rein. Aber das hat sich leider durch seine Causa erledigt. Für den DBB ist er nun raus. Gegen ihn hätte ich auch definitiv nicht kandidiert. Dafür kennen wir uns auch viel zu gut. Aber nachdem sich die Ausgangslage im Frühjahr veränderte, habe ich mich - übrigens erst nach vorheriger Rücksprache mit ihm - dazu entschieden, zu kandidieren. Nach anfänglicher Euphorie seinerseits - "wir werden arbeiten und gewinnen" - und nachdem dann auch der gesamte Vorstand meiner Bundespolizeigewerkschaft einstimmig die volle Unterstützung meiner Kandidatur beschlossen hatte, änderte er leider plötzlich seine Meinung.

Warum?

Walter Nun, er meinte, er stünde bei seinem langjährigen Freund im Wort und müsse deshalb weiter zu ihm halten. Das muss ich respektieren, aber ich bin eben keiner, der seine Fahne im Wind dreht und so blieb ich bei meiner Entscheidung. Und deshalb hält er sich eben ein bisschen zurück, was meine Kandidatur angeht. Viele in der DPolG finden das schade, denn schließlich kann mit mir erstmals ein Polizist an der Spitze des DBB stehen, was auch für die Deutsche Polizeigewerkschaft nach den vielen Negativschlagzeilen einen tollen Imagezuwachs bedeuten würde. Aber sei es drum, ich habe in sehr vielen Mitgliedsgewerkschaften eine große und breite Unterstützung, auch in der DPolG.

Was muss sich beim DBB ändern?

Walter Ein "weiter so" darf es nicht geben. Der dbb muss noch aktiver werden. Es gab in den letzten Jahren zu viele Angriffe von der Politik auf den Beamtenstatus, die wir nur abgewehrt haben. Diese Verteidigungshaltung ist mir zu wenig. Der dbb muss in der Politik und in der Öffentlichkeit viel offensiver deutlich machen, dass unser Staat ohne das Berufsbeamtentum und ohne genügend Beschäftigte im öffentlichen Dienst einfach nicht funktioniert. Wenn man den Beamtenstatus ganzer Berufsgruppen wie zum Beispiel bei Lehrerinnen und Lehrern in Frage stellt und damit an den Grundfesten des Berufsbeamtentums wackelt, wenn man unsere Mitgliedsgewerkschaften durch das völlig überflüssige Tarifeinheitsgesetz von Frau Nahles in die Knie zwingen will, dann ist das Maß voll! Es geht mir darum, den dbb professionell zu führen und noch mehr für die 1,3 Mio Mitglieder zu tun.

Was heißt das konkret?

Walter Der dbb muss seine interne Kommunikation verbessern, transparenter werden und sich mehr öffnen. Mehr mit den Landesverbänden zusammenarbeiten, damit Beamten- und Tarifpolitik in Bund und Ländern nicht noch weiter auseinanderdriften. Die großen Landesbünde wie NRW, Bayern und Baden-Württemberg machen ihr Ding, und das ist gut so, aber trotzdem muss man sich austauschen. Vielleicht kann der dbb im Bund ja auch noch lernen von den großen Landesverbänden. Eitelkeiten können wir uns nicht leisten. Es muss immer um die Sache und das Wohl unserer Mitglieder gehen.

Haben Beamte zu viele Privilegien?

Walter Das wird uns immer wieder vorgeworfen. Das stimmt aber nicht. Die sogenannten Privilegien sind Teile der verfassungsrechtlich verbrieften Alimentation. Beamte stehen in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis, dürfen nicht streiken und sind der Garant für das Funktionieren des Staates. Dafür haben sie Anspruch auf angemessene Alimentation. Und wenn man sieht, was man mit einem Studium in der freien Wirtschaft verdienen kann, dann sind das enorme Unterschiede zu einem Beamten im öffentlichen Dienst, wo der Verdienst sehr gedeckelt ist. Die Masse der Beamten verdient wahrlich keine Reichtümer. Wenn man den öffentlichen Dienst noch unattraktiver macht, kriegen wir bald keine guten Leute mehr. Das merken wir jetzt schon im IT-Bereich. Wenn wir an der Bezahlstruktur nichts ändern und nicht mehr die Besten bekommen, dann werden wir den öffentlichen Dienst mittelfristig kaputt machen. Da müssen wir als DBB künftig viel mehr Lobbyismus in der Politik betreiben und in der Öffentlichkeit wie auch in die Medien präsenter und lauter sein.

Warum verdienen Polizisten in Berlin weniger Geld als zum Beispiel in Bayern?

Walter Das betrifft nicht nur Polizisten, sondern so ziemlich alle Bereiche des öffentlichen Dienstes. Und das ist auch nicht im Sinne des Erfinders. Denn die unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten für die gleichen Tätigkeiten führen dazu, dass einige Länder kaum noch Bewerber finden. Warum soll ich zum Beispiel noch zur Landespolizei in Berlin gehen, wenn ich bei der Bundespolizei im selben Land eine Gehaltsstufe mehr verdiene? Das kann man niemanden mehr erklären. Das ist ungerecht. Da müssen wir unbedingt was gegen machen und die Bezahlung des gesamten öffentlichen Dienstes wieder an das angemessene Niveau des Bundes und von Bayern heranführen.

(RP)
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