Erfurt Piloten-Anwärterin zu klein, Lufthansa zahlt

Erfurt · Die Fluggesellschaft einigt sich mit einer Bewerberin. Diese wurde abgelehnt, weil sie für die Stelle zu klein war. Das Bundesarbeitsgericht hatte angedeutet, dass das eine Ungleichbehandlung darstellen könnte.

Es gibt sie bei angehenden Flugbegleitern, bei Polizisten, dem Zoll, bei Feuerwehrleuten und Piloten: Vorschriften, wie groß ein Anwärter zu sein hat. Gestern musste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt mit der Frage beschäftigen, ob solche Regelungen überhaupt erlaubt sind. Geklagt hatte eine angehende Pilotin, die 1,61 Meter groß ist, deshalb aber bei der Lufthansa nicht genommen wurde.

"Die Größe allein ist kein Diskriminierungsgrund", erklärt Jacob Joussen, Arbeitsrechtsprofessor an der Ruhr-Universität Bochum. "Im vorliegenden Fall hat die Klägerin allerdings versucht, eine mittelbare Diskriminierung nachzuweisen." Die Argumentation: Da 44,3 Prozent aller Frauen, aber nur 2,8 Prozent der Männer kleiner als 1,65 Meter seien, würde die Mindestgröße Frauen besonders benachteiligen. "Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ist durch das Allgemeine Gleichbehandlungs-Gesetz sehr wohl erfasst", so Joussen.

Und diesen Zusammenhang sah am Ende wohl auch die Lufthansa. Das zumindest legt der Vergleich nahe, den beide Seiten gestern in Erfurt schlossen (Az.: 8 AZR 638/14). Wegen der Ungleichbehandlung verpflichtete sich der Konzern zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 14.175 Euro.

Die Klägerin hatte sich bei der Lufthansa für eine Pilotinnenausbildung beworben. Die Frau hatte alle erforderlichen Qualifikationen und bestand die vorgeschriebenen Tests. Die Frau war sich der Grenzen offenbar sehr wohl bewusst, denn laut Gericht hatte sie bei ihrer Bewerbung angegeben, 1,65 cm groß zu sein. Erst bei der medizinischen Untersuchung fiel dann auf, dass ihr vier Zentimeter zur Eignung fehlten.

Die Regelung, auf die sich die Lufthansa im Laufe des Verfahrens berief, hatte Deutschlands größte Fluggesellschaft mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit tariflich festgelegt. Nur so würden die Piloten im Cockpit an alle erforderlichen Hebel und Schalter kommen, lautete die Begründung.

Die Vorgaben sind im Flugverkehr allerdings nicht ganz so eindeutig. Andere Fluggesellschaften wenden andere Mindestgrößen an. Die Swiss Air verlangt 1,60, KLM nur 1,57 Metern für die Pilotenausbildung.

Die Klägerin forderte Schadenersatz in Höhe von 120.000 Euro sowie 15.000 Euro Entschädigung für die erlittene Diskriminierung. Die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Köln, hatte zunächst den geforderten Schadenersatz sowie eine Diskriminierungs-Entschädigung abgewiesen.

Das BAG hingegen deutete in der Verhandlung an, dass die festgelegte Mindestgröße tatsächlich eine mittelbare Benachteiligung von Frauen darstelle. Nur wenn die Lufthansa belegt, dass diese Mindestgröße sachlich gerechtfertigt sei, könne diese erlaubt sein. Die Erfurter Richter schlossen in der Verhandlung zudem nicht aus, dass das Verfahren vom Europäischen Gerichtshof geprüft werden muss. Es sei unklar, inwieweit die Mindestgröße der Lufthansa mit der EU-Diskriminierungsrichtlinie im Einklang sei.

Die schlechte Nachricht für alle Frauen, die kleiner als 1,65 Meter sind: Eine abschließende Regelung lässt sich aus dem gestrigen Verhandlungstag nicht ableiten. "Da sich beide Seiten verglichen haben, hatten die Richter keine Möglichkeit mehr, ein abschließendes Urteil zu fällen, ob solche Größen-Vorschriften grundsätzlich unzulässig sind", so Joussen. Um eine klare Regelung zu bekommen, müsste sich eine Frau erneut durch alle Instanzen klagen.

(maxi)
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