Washington Pharma-Spekulant gerät unter Druck

Washington · Der Manager verteuerte ein lebenswichtiges Medikament um das 55-Fache.

"Gier ist gut. Gier ist richtig." Diese Sätze sagte Gordon Gekko, der fiktive Raubtierkapitalist aus dem Film "Wall Street", gespielt von Michael Douglas. Doch genau so gut könnten sie von Martin Shkreli stammen. Der millionenschwere Hedgefonds-Manager (32) muss sich derzeit vor einem New Yorker Gericht wegen Anlagebetrugs verantworten. Die Vorwürfe der Ermittlungsbehörden: Shkreli soll Millionen abgezweigt haben, um Verluste bei seinen Hedgefonds auszugleichen. Die Anschuldigungen betreffen seinen früheren Job als Chef der Pharmafirma Retrophin.

Nicht justiziabel dürfte sein, was ihn berühmt-berüchtigt gemacht hat: Im September setzte seine neue Firma Turing Pharmaceuticals die vielleicht unmoralischste Preiserhöhung der Weltgeschichte durch. Statt 13,50 Dollar pro Pille kostetete das für viele Aids- und Krebspatienten überlebensnotwendige Medikament Daraprim plötzlich 750 Dollar, knapp das 55-Fache. Warum diese extreme Preiserhöhung bei gleichbleibenden Produktionskosten von etwa einem Dollar pro Tablette?

Shkreli sucht und findet immer neue Begründungen. Zuletzt behauptete er, er reinvestiere in die Entwicklung neuer Medikamente - insbesondere zur Behandlung seltener Krankheiten. Und in diesen Geschäftszweig wolle er einsteigen, bald, vielleicht. Außerdem würden die Kosten im Zweifel von Versicherungen oder der öffentlichen Hand getragen, ätzt er gern.

Die Sachebene ist längst verlassen - und das liegt vor allem an Shkreli selbst. Kritik der US-Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton beantwortete er mit "lol" (sinngemäß etwa: "Ich schmeiße mich weg vor Lachen"). Gern protzt er auch mit den Dutzenden Frauen, die den "begehrtesten Junggesellen der Welt" nach eigener Aussage anhimmeln. Sein Erfolg gebe ihm Recht und erhebe ihn über jede Kritik, so zumindest sieht das der in Brooklyn aufgewachsene "erfolgreichste Albaner, der jemals auf dieser Erde gewandelt ist" (Shkreli über Shkreli).

Das Medikament im Zentrum der Kontroverse ist 62 Jahre alt, sein Patentschutz ausgelaufen, dennoch hat Shkreli derzeit ein Quasi-Monopol; die Produktionszyklen sind lang, die Konkurrenz würde Monate brauchen, um das Medikament ebenfalls ins Programm zu nehmen. Ob er den Preis rückblickend anders gestaltet hätte, wurde Shkreli gefragt. "Ja", sagte er. "Ich hätte ihn noch höher gemacht."

Kurz bevor er gestern vom Kongress in Washington zu seiner Preispolitik vernommen wurde, twitterte er noch großmäulig: "Es ist hart zu akzeptieren, dass diese Schwachköpfe das Volk in unserer Regierung repräsentieren." Deutlich kleinlauter gab er sich dann bei der Anhörung selbst: Shkreli ließ seinen Anwalt mitteilen, er verweigere die Aussage, um sich nicht selbst zu belasten.

(tjo)
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