Wolfsburg Obergrenze auf Topniveau

Wolfsburg · Die Millionen-Gehälter, die VW seinen Managern trotz Abgas-Skandal zahlt, sorgten zuletzt für Ärger. Nun reagiert der Konzern und deckelt diese - bei zehn Millionen Euro.

Es gab viel zu besprechen gestern, als die Aufsichtsräte des Volkswagen-Konzerns zusammenkamen. Stundenlang tagte das Gremium, das sich mit einer heiklen Frage beschäftigen musste: Wie viel ist ein Top-Manager wert?

Monatelang wurde diskutiert, gestern verschickte das Unternehmen dann um 18:42 Uhr per Pressemitteilung das Ergebnis der Diskussionen: Die Gehälter der Top-Manager werden künftig gedeckelt.

Beträge wie jene 17,5 Millionen Euro, die Ex-Chef Martin Winterkorn 2011 kassierte, gehören damit der Vergangenheit an. Der Vorstandschef soll künftig höchstens zehn Millionen Euro im Jahr verdienen, die Vorstandsmitglieder maximal 5,5 Millionen Euro. Neben diesen Obergrenzen sieht das neue System vor, dass die Kriterien für Bonuszahlungen verschärft werden. Im Gegenzug wird das Fixgehalt angehoben. Diese Maximal-Einkommen könnten aber nur bei einer "herausragenden Unternehmensentwicklung" erreicht werden, hieß es gestern Abend.

VW-Chef Matthias Müller betont: "Der Vorstand steht voll und ganz zur Modernisierung des Vergütungssystems und hat einer entsprechenden Modifikation der laufenden Verträge zugestimmt."

Auch mit dem neuen Vergütungssystem würde der VW-Chef - wenn die Geschäfte gut laufen - zu den bestbezahlten Managern unter den 30 größten deutschen börsennotierten Unternehmen gehören. 2015 hat kein Manager eines Dax-Konzerns zweistellig verdient, der damalige Top-Verdiener, Mercedes-Chef Dieter Zetsche, lag bei 9,8 Millionen Euro. Matthias Müller landetete mit 4,2 Millionen Euro im Mittelfeld. Aktuellere Zahlen gibt es noch nicht für alle 30 Dax-Konzerne, weil einige von ihnen erst in den kommenden Wochen ihre Zahlen für das vergangene Jahr vorstellen, VW zum Beispiel Mitte März.

Die Frage nach der angemessenen Höhe eines Vorstandsgehalts beherrscht längst nicht mehr nur Aufsichtsratssitzungen, sondern ist mitten im Bundestagswahlkampf angekommen. Denn die Nachrichten der vergangenen Monate haben in der SPD zur Erkenntnis geführt, dass es so nicht weitergehen kann, will man die eigene Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen. Denn während die Partei öffentlich soziale Gerechtigkeit proklamierte, saßen gleichzeitig mit Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies SPD-Politiker im VW-Aufsichtsrat und winkten gemeinsam mit Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall Millionen-Summen für Manager durch.

Der Druck stieg, nachdem bekannt wurde, dass Ex-Chef Winterkorn knapp 3100 Euro Rente pro Tag bekommt. Wenig später sickerte durch, dass Ex-Vorstand und SPD-Mitglied Christine Hohmann-Dennhardt nach nur knapp einem Jahr im Konzern rund 13 Millionen Euro zum Abschied bekam.

Viele Bürger hätten kein Verständnis dafür, dass Vorstände mit riesigen Abfindungen in den Ruhestand geschickt würden oder hohe Gehälter kassierten, selbst wenn das eigene Unternehmen in der Krise stecke, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann: "Da läuft etwas aus dem Ruder."

Die Initiative, das Vergütungssystem bei VW zu ändern, soll daher auch von der niedersächsischen Landesregierung und dem Betriebsrat ausgegangen sein, die wohl um ihre Glaubwürdigkeit bei Wählern und Beschäftigten fürchteten. Denn gleichzeitig will VW Tausende Stellen abbauen.

Und auch bei VW reifte wohl die Erkenntnis, dass man nach dem eher halbherzigen Bonus-Verzicht des Top-Managements eine Art Neuanfang braucht, um zu beweisen, dass es mit dem Größenwahn, der in der schlimmsten Krise der Firmengeschichte, dem Abgasskandal, mündete, endgültig vorbei ist.

Die Gewerkschaft IG Metall will nun offenbar sogar noch weiter gehen und eine Obergrenze für Vorstandsgehälter fordern. Dies sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann dem "Spiegel".

(frin)
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