Düsseldorf NRW-Bankenpräsident fordert mehr Tempo bei Digitalisierung

Düsseldorf · Commerzbanker Andre Carls will den Verband modernisieren und wirbt für neue Bündnisse unter den Kreditinstituten.

Gut zwei Wochen ist Andre Carls als Präsident der Bankenvereinigung NRW im Amt. "Ich muss noch einiges lernen", sagt der oberste Repräsentant der Privatbanken in Nordrhein-Westfalen, der Martin Renker vom Bankhaus Sal. Oppenheim abgelöst hat. Carls ist indes "nur" in der Funktion neu; als Bankenvorstand für das Mittelstandsgeschäft bei der Commerzbank kennt er den hiesigen Markt seit Jahren.

Privatbanken in NRW - das ist deutlich mehr als Deutsche Bank und Commerzbank, HSBC und Bankhaus Lampe in Düsseldorf. Insgesamt 65 Mitglieder hat die Bankenvereinigung in NRW, dazu gehören allein 26 Unternehmen, die eine ausländische Mutter haben. Nicht nur wie HSBC Deutschland mit der gleichnamigen britischen Mutter. In vielen Fällen geht es auch um japanische Institute, die in Düsseldorf seit Jahrzehnten eine eigene Community begründen. 24 Institute haben ihren Hauptsitz im bevölkerungsreichsten Bundesland.

Alle zusammen stellen mehr als ein Viertel der Kredite in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung, sie stehen für 23 Prozent der Kundeneinlagen, und vor allem laufen über sie 80 Prozent des Außenhandelsgeschäftes der hiesigen Unternehmen. Für Carls ein Argument, dass der vor allem wegen der Finanzkrisen-Opfer IKB und WestLB vielgescholtene Bankenplatz NRW zu Unrecht schlecht wegkommt: "Wir haben starke Banken und starke Unternehmen. Hier gibt es allein eine Dreiviertelmillion Mittelständler, mit denen wir zusammenarbeiten."

Carls mag noch in der Lernphase sein, aber eines weiß er schon jetzt: "Wir müssen schneller und effizienter werden bei der Digitalisierung", fordert der neue Bankenpräsident. Und damit meint er sowohl das eigene Gewerbe als auch die Unternehmen, die vom Geldgewerbe bei der Modernisierung stärker unterstützt werden sollen. Carls schwebt eine stärkere Zusammenarbeit von Kreditinstituten bei einzelnen Digitalisierungsprojekten vor. Zum Beispiel dabei, dass Kunden mit mehreren Bankverbindungen wichtige Daten gleichermaßen allen Geldhäusern zur Verfügung stellen. So könnten Prozesse beschleunigt werden, weil Kunden beispielsweise nicht mehr Antragsformulare überall ausfüllen und Prüfungen immer wieder neu durchlaufen müssten. "Man muss da stärker kundenorientiert denken", sagt Carls, und ehe jemand das Argument der Datensicherheit in den Raum wirft: "Datenschutz ist ein hohes Gut. Deshalb geht ja auch nichts ohne die Einwilligung des Kunden."

Gleichzeitig sieht Carls bei der Digitalisierung persönliche Beratung als essenziellen Bestandteil auch des künftigen Bankgeschäfts: "Natürlich wird persönliche Beratung immer stärker durch künstliche Intelligenz unterstützt, aber der Kontakt zwischen Kunde und Berater bleibt wichtig."

Den Ausstieg Großbritanniens aus der EU sieht Carls nicht als große Gefahr für den Bankenstandort. Was die Unternehmen angeht, sieht das ein bisschen anders aus: Zehn Prozent der Wirtschaftsbeziehungen, die NRW-Unternehmen mit ausländischen Partnern pflegen, sind solche auf die britische Insel. Ein probates Mittel: "Wir wollen Unternehmen aus dem Königreich nach Nordrhein-Westfalen locken", sagt Carls. Um das zu erreichen, werben die Banken gemeinsam mit der Landesregierung für den Standort Nordrhein-Westfalen.

Natürlich dient ein Repräsentant auch dazu, einer Branche ein möglichst positives Bild in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Jenes der Banken hat in den vergangenen Jahren extrem gelitten, aber: "Das Image hat sich zuletzt verbessert", glaubt Carls. Das war allerdings auch bitter nötig.

(RP)
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