Frankfurt Niedrigzinsen bereiten Deutschen Sorgen

Frankfurt · Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank macht den Vermögensaufbau schwieriger denn je. Anleger flüchten sich in Immobilien und - wenn auch in geringerem Umfang - in Wertpapiere.

Das sprichwörtliche dicke Ende kann noch kommen. Noch sind die Deutschen mit ihrer finanziellen Situation zufrieden. Aber viele tun zu wenig für die Altersvorsorge. Nur noch 28 Prozent der Deutschen nutzten staatlich geförderte Vermögenswirksame Leistungen. "Die künftige Bundesregierung ist gefragt, einen Teil der Haushaltüberschüsse für die Sparerförderung einzusetzen", verlangte deshalb im Vorfeld des Weltspartages die Sparkassenorganisation. Deren Präsident Georg Fahrenschon sagte, der Bund könne sich das leisten. Schließlich profitiere er von den niedrigen Zinsen. "Es wäre angemessen, einen Teil davon den niedrigeren Einkommensklassen zur Vermögensbildung zugutekommen zu lassen", sagte Fahrenschon.

Denn natürlich sind nicht alle zufrieden beim Blick auf ihr Konto. Immerhin knapp zehn Prozent der Menschen, die der Sparkassenverband hatte befragen lassen, beurteilen ihre finanzielle Lage als "eher schlecht" oder "schlecht". 59 Prozent dagegen bezeichnen sie als "gut" oder "sehr gut". Das ist der höchste Anteil seit mehr als zehn Jahren.

Doch schützt das vor Sorgen nicht. Drei Viertel machen sich Sorgen um ihr Geld und ihr Vermögen, die meisten (53 Prozent) wegen der Niedrigzinspolitik, die anderen auch aus Angst vor politischen Ereignissen oder um die Zukunft des Euro.

Immerhin reagieren die meisten durchaus rational auf den niedrigen Zins, sie wählen also (zu 48 Prozent) andere Anlageprodukte, setzen vor allem auf Immobilien, in geringerem Umfang auch auf Wertpapiere. Lebensversicherungen haben danach an Attraktivität verloren. Die Zustimmung für diese Anlageform ging von 66 Prozent vor zehn Jahren auf nun 24 Prozent zurück. Lebensversicherer leiden besonders unter der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), für die Kunden sind die Verzinsungen der Policen gesunken. Derweil haben die Niedrigzinsen einen Immobilienboom ausgelöst, da Finanzierungen günstig sind. Sparer merken die niedrigen Zinsen auch auf ihrem Konto. 15 Prozent bleiben beim Sparbuch, bestücken es aber höher, sparen also mehr. Doch mehr als ein Drittel, 38 Prozent, scheinen frustriert und sparen weniger, offenbar nach dem Motto: "Das lohnt doch nicht."

Dabei sorgt sich eine Mehrheit um ihre finanzielle Situation im Alter, zwölf Prozent befürchten gar Altersarmut. Vor allem die Haushalte, die netto weniger als 1000 Euro zur Verfügung haben, legen zu 47 Prozent nichts für das Alter zurück. Die meisten, weil sie es nicht können. Auch von den Haushalten zwischen 1000 und 2000 Euro Einkommen verzichten 40 Prozent auf eine Altersvorsorge, immerhin ein Viertel, weil sie nicht wissen, wie sie das bezahlen sollen. "Die staatliche Förderung kommt längst nicht überall in der Bevölkerung an", heißt es im Vermögensbarometer.

Fahrenschon rechnete vor, um die ausgefallenen Zinsen über alle Deutschen hinweg auszugleichen, seien bis 2030 rund 700 Milliarden Euro mehr Sparleistung nötig, also rund 60 Milliarden Euro zusätzlich jedes Jahr. "Das ist nicht erreichbar." Deshalb sollten Geringverdiener und junge Menschen mehr staatliche Förderung und mehr Anreize zum Vermögensaufbau erhalten.

(RP)
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