Babcock/Artos Nicht der erste Streit in Sachen Ministererlaubnis

Babcock/Artos · Seit 43 Jahren gibt es im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen den Passus über die Ministererlaubnis. Seither haben Unternehmen 22-mal gegen den Willen des Bundeskartellamtes versucht, mit Hilfe des Bundeswirtschaftsministers eine Übernahme oder Fusion doch noch durchzudrücken. Neunmal wurde die Erlaubnis erteilt, davon fünfmal auch gegen das Votum der Monopolkommission. Die bekanntesten Fälle:

Eon/Ruhrgas Ohne Zweifel der spektakulärste Streit in Sachen Ministererlaubnis. Denn die erteilte 2002 nicht der amtierende parteilose Bundeswirtschaftsminister Werner Müller, sondern dessen Staatssekretär Alfred Tacke. Der Grund: Müller hatte einst für den Eon-Vorläufer Veba gearbeitet, daher musste Tacke die Übernahme des Essener Gashändlers Ruhrgas durch Eon genehmigen - ein Deal, der ohnehin auf breite Kritik gestoßen war. Dann stoppte aber das Oberlandesgericht Düsseldorf die Fusion zunächst nach Eilanträgen der Energiehändler Ampere und Trianel. Die Ministererlaubnis wurde mit schärferen Auflagen für Eon und Ruhrgas nachjustiert, Eon verhandelte mit den Klägern, bot Geld, Beteiligungen an Regionalversorgern und Gaslieferungen an Ampere. Die Kläger ließen sich sozusagen ihre Beschwerde abkaufen. Im Januar 2003 war die Übernahme perfekt.

Die Übernahme des Technik- und Rüstungskonzerns MBB durch Daimler-Benz 1989 gehört zu den Phänomenen, die häufig unter der Vokabel "Stamokap" gewürdigt werden. Zu deutsch: "Staatsmonopolistischer Kapitalismus". Als solcher gilt die Kungelei von Staat und Wirtschaft, und dafür hatten die Kritiker im Daimler-MBB-Deal ein Prachtexemplar ausgemacht. Auflagen, die von Beamten im Ministerium gemeinsam mit Daimler-Strategen erarbeitet worden sein sollen, galten als Beleg für eine industriepolitisch gewollte Fusion, die gegen alle Bedenkenträger durchgedrückt werden sollte. Die Daimler-Tochter Dasa, die MBB übernahm, ging später im europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS auf. Wirtschaftsminister damals: Helmut Haussmann (FDP).

Als der Industrieriese 1976 den Maschinenbauer Artos schlucken wollte, brauchte er die Genehmigung des Wirtschaftsministers Hans Friderichs (FDP). Der nannte den "Erhalt von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen" als Grund. Ein Jahr später verlor Artos Hunderte Jobs.

(gw)
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