Düsseldorf Neue W-Lan-Regel nutzt Familien

Düsseldorf · Jedermann kann künftig sein privates Netz teilweise für die Allgemeinheit öffnen - und schützt sich mit einem Trick davor, für die Kinder zu haften.

Wovor haben die Eltern von Teenagern immer wieder Sorge? Dass die Kinder erklären, die Mobilfunkflatrate für beispielsweise 45 Euro mit drei Gigabyte Datenvolumen sei nicht mehr ausreichend - also müsse aufgestockt werden. Und dass plötzlich wie bei hunderttausenden anderen Haushalten ein Abmahnbrief von Anwälten kommt, die Familie solle illegales Teilen von Filmen aufhören - und einige hundert Euro Bearbeitungsgebühr seien auch noch fällig.

Bei beiden Problemen könnte die ab Herbst geplante Reform der W-Lan-Regeln in Deutschland für Abhilfe sorgen. Cafés, Restaurants oder auch Schulen können ihre drahtlosen Internetzugänge künftig ohne jedes eigene Risiko für Kunden, Besucher und die Allgemeinheit freischalten, weil sie nicht mehr haften, wenn das Netz für illegale Aktivitäten genutzt wird. "Dann können Nutzer von Smartphones große Dateien in solchen Hotspots laden", sagt Miriam Rusch-Rodosthenous von der NRW-Verbraucherzentrale, "auf diesem Weg können Kunden jeden Monat einige Euro sparen".

Wie sehr Deutschland beim Angebot freier Hotspots hinterherhinkt, zeigen diese Zahlen: Hierzulande kamen 2014 auf 10.000 Einwohner nur zwei kostenfreie Hotspots, in Großbritannien gibt es dagegen zehnmal mehr kostenfreie Netzwerke, in Schweden fünfmal mehr, in Frankreich fast dreimal so viel - es gibt also viel Potenzial nach oben.

Der Clou ist nun, dass die neue Regel auch für private Haushalte gelten soll: Familien können also ihren W-Lan-Router zur Nutzung einerseits als geschlossenes Netzwerk einrichten. Sie können über das gleiche Gerät auch ein offenes Netzwerk anbieten, ohne für Missbrauch zu haften. Dann können Freunde der Kinder bei Besuchen das Netzwerk nutzen, dann können Nachbarn sich einwählen - und auch ein weiteres Szenario ist denkbar: Dem Nachwuchs wird zwar auferlegt, das kontrollierte Familiennetz auf keinen Fall für das Tauschen von Musik oder Filmen zu nutzen. Wenn die Teenager sich aber mit ihrem Laptop in das geöffnete Netzwerk einwählen, können Eltern das künftig gelassener sehen. "Wenn ich für Missbrauch über den offenen Zugang nicht hafte, entlastet das Eltern deutlich vom Abmahnrisiko", sagt dazu der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter, selbst Vater von zwei Teenagern.

Allerdings müssen Details beachtet werden: Das Angebot von zwei Netzwerken über einen Router ist nicht über alle Geräte möglich. Betreibern von offenen Hotspots scheint weiterhin zu drohen, dass sie über ein Urteil gezwungen werden, bestimmte illegale Internetseiten zu sperren, falls diese laufend über ihren Zugang genutzt werden.

Wie sehr das Risiko von Abmahnungen sinkt, zeigt auch ein gestern veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH): Danach muss eine Frau nicht dafür haften, dass ihre Nichte aus Australien über ihren Anschluss einen Film illegal getauscht hatte. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, die Besucherin darüber zu informieren, wie sie sich zu verhalten habe, so der BGH: "Wir sind der Meinung, dass gegenüber volljährigen Mitgliedern von Wohngemeinschaften, aber auch gegenüber Gästen und Besuchern keine Belehrungspflicht gilt."

(RP)
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