Düsseldorf Neue Prognose sorgt für Henkel-Kurssprung

Düsseldorf · Die Aktie notiert Richtung Allzeit-Hoch, nachdem der Konzern mehr Gewinn erwartet. Das Sparprogramm läuft weiter.

Der Henkel-Clan und die vielen Tausend Kleinaktionäre von Henkel hatten gestern einen schönen Tag: Der Wert des Unternehmens erhöhte sich in wenigen Minuten um mehr als zwei Milliarden Euro auf 38,6 Milliarden Euro. Vorstandschef Kasper Rorsted hatte anlässlich der Quartalszahlen die jährliche Gewinnprognose an einem wichtigen Punkt erhöht. Das bereinigte Ergebnis je Vorzugsaktie soll nicht mehr nur um "etwa zehn Prozent" steigen, sondern um "über zehn Prozent" zulegen - es könnte also letztlich auch um fast elf Prozent wachsen.

Um sieben Prozent sprang der Wert des Papieres hoch. Es liegt nun auf einem Drei-Monats-Hoch und nur knapp zehn Prozent unter dem Allzeit-Hoch im April. Die Belegschaft hat von der Verbesserung der Geschäftszahlen allerdings erst einmal nichts: Das angekündigte neue Sparprogramm in der Klebstoffsparte, dem weltweit 1200 Stellen und in Düsseldorf rund 80 Stellen zum Opfer fallen sollen, will Rorsted wie geplant durchführen. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass die Weltwirtschaft in den nächsten Jahren nur bescheiden wächst, sagte er bei der Telefonkonferenz auf Nachfrage. Also müsse Henkel auch bei den Kosten sparsam bleiben. "Wenn nun die Kasse klingelt", meint ein Belegschaftsvertreter, "sollte das Unternehmen beim aktuellen Personalabbau aber unbedingt akzeptable Übergangslösungen organisieren und finanzieren."

Vom aktuellen Rationalisierungsprogramm abgesehen, sind die Jobs bei Henkel aber relativ sicher. Denn die aktuelle Bilanz zeigt, dass die Düsseldorfer mit Bayer und der Telekom einer der am besten aufgestellten Konzerne von NRW sind.

So stieg der Umsatz um beachtliche 8,4 Prozent auf 4,6 Milliarden. Zieht man Wechselkurseffekte und den Umsatz von Zukäufen ab, bleibt immer noch ein "organisches" Plus von 3,3 Prozent.

Ein Sorgenkind ist China. Hier schwächelt insbesondere das Geschäft als Lieferant von Klebstoffen für die Industrie, wogegen Privatkunden zunehmend Interesse an den Produkten der Deutschen bekommen. ."Ein Drittel unseres Umsatzes wird online gemacht", erzählt Rorsted. Dies bedeutet, dass vorrangig die wachsende chinesische Mittelschicht Käufer des Markenartiklers wird. Der Däne betonte, er glaube weiterhin an China als "Wachstumsmotor" für die Weltwirtschaft und speziell für Henkel.

Als Sparte schlägt sich besonders das Waschmittelgeschäft rund um Persil gut: Es legte organisch um 5,5 Prozent zu.

Gefragt, ob das nur durch teure Werbung komme, widersprach Finanzvorstand Carsten Knobel: "Nein, wir treffen den Nerv der Konsumenten besser als viele Wettbewerber." Als persönlichen Erfolg kann sich Rorsted dabei anrechnen lassen, dass es neuerdings Persil in den USA beim größten Handelskonzern der Welt, Wal-Mart, gibt. Der Däne war noch jüngst auf längeren Reisen in USA, insgesamt legte das Nordamerikageschäft 3,2 Prozent zu.

Organisch nur um 2,1 Prozent wuchs das Geschäft rund um Haarwaschmittel von Schwarzkopf. Wie sehr Rorsted daran interessiert ist, es zu stärken, zeigt der gescheiterte Versuch, Wella für einige Milliarden Euro zu übernehmen.

Unerwartet gut läuft das Geschäft in Osteuropa, wo der Umsatz um 9,7 Prozent (organisch) zulegte. Ein Plus von mehr als zehn Prozent wurde in Russland erreicht. Das ist ein interessanter Trend, nachdem russische Behörden im August noch Waschmittel von Henkel wegen angeblicher Verstöße vom Markt genommen hatten.

Die große Frage ist nun, ob und wann der Familienkonzern den geplanten Milliardenzukauf wagt. Als die Aktienkurse vor wenigen Wochen weltweit abrutschten, hatte der Dax-Konzern theoretisch eine gute Kaufmöglichkeit, aber so kurzfristig denken Rorsted und Aufsichtsratschefin Simone Bagel-Trah nicht. Kassenhalter Knobel betonte jedenfalls gestern, dass er ohne jedes Problem "4,5 bis fünf Milliarden Euro" locker machen könne.

(RP)
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