Berlin Neue Entsende-Regeln schlecht für deutsche Firmen

Berlin · Für heimische Unternehmen werden osteuropäische Arbeitnehmer im Inland teurer und Entsendungen schwieriger.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Ort - dieses Prinzip soll nach dem Willen der EU-Staaten künftig für Millionen Arbeitnehmer gelten, die von ihren heimischen Arbeitgebern in andere EU-Länder entsendet werden. In der Nacht zum Dienstag einigten sich die Sozialminister auf die Reform der EU-Entsenderichtlinie von 1996. Ihr muss jetzt noch das EU-Parlament zustimmen, das die Reform aber grundsätzlich unterstützt. Die Reform könnte bereits Mitte 2018 in Kraft treten.

Was soll sich ändern? Die Regierungen wollen Lohn- und Sozialdumping beseitigen. Die bisherige Entsenderichtlinie sieht nämlich nur vor, dass die in reichere Länder entsandten Arbeitnehmer aus ärmeren Ländern mindestens den dort geltenden Mindestlohn erhalten müssen. Das führt dazu, dass die zwei Millionen entsandten Arbeitnehmer im Gastland oft nur die Hälfte des Lohns der Stammbelegschaften bekommen - oder weniger. Beispiel: Eine Arbeitsstunde in Dänemark kostete 42 Euro im vergangenen Jahr, in Bulgarien nur 4,40 Euro. Bulgarische Dienstleister konnten dänische Konkurrenten deutlich unterbieten. Künftig sollen auch entsandte Arbeitnehmer sofort den gleichen Lohn sowie gleiche tarifvertragliche Zusatzleistungen im Gastland erhalten. Reisekosten und Mieten sollen ihnen nicht mehr abgezogen werden. Die Entsendung soll zudem auf zwölf, in Sonderfällen auf 18 Monate begrenzt werden.

Welche Folgen hat das für heimische Unternehmen? "Da für entsendete Arbeitnehmer der Lohn des Einsatzlandes zu zahlen ist und das Lohnniveau in Deutschland vergleichsweise hoch ist, kann es zu einer Verteuerung von Leistungen kommen, die deutsche Unternehmen von ausländischen Anbietern beziehen", sagte Holger Schäfer vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft. Ob heimische Anbieter durch die neuen Regeln besser vor Billigkonkurrenz aus Osteuropa geschützt würden, bezweifelte er. Qualität und Liefertreue spielten oft eine größere Rolle als der Lohn.

Was kommt auf Firmen zu, die selbst Mitarbeiter entsenden? Langzeitentsendungen erfolgen häufig konzernintern, zum Beispiel als Form der Personalentwicklung. Sie werden durch die neue Richtlinie erschwert, da Entsendungen auf nur noch ein Jahr befristet werden. Da bei jeder Entsendung der maßgebliche Tarif im EU-Ausland ermittelt werden müsse, werde die rechtssichere Entsendung aufwendiger, so Schäfer. "Schlimmstenfalls unterbleiben Entsendungen, die ohne die Regulierung erfolgt wären."

(mar)
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