Frankfurt Nach dem Freispruch direkt ins Büro

Frankfurt · Der Betrugsvorwurf gegen Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen und vier ehemalige Führungskräfte der Deutschen Bank hat sich nicht erhärtet. Der Staatsanwaltschaft bleibt jetzt nur noch die Revision vor dem Bundesgerichtshof.

Fast auf den Tag genau ein Jahr hat der Strafprozess gegen Jürgen Fitschen, den Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, und vier frühere Manager des Unternehmens (darunter die Ex-Chefs Josef Ackermann und Rolf Breuer) gedauert. Und es gab nicht wenige, die nach den Haftstrafen gegen den Ex-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß und den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff im Geiste auch schon die Granden der größten deutschen Bank in einer Gefängniszelle sahen.

Doch dazu kommt es nicht. Das Landgericht München hat Fitschen, Ackermann und Breuer sowie die früheren Vorstandsmitglieder Clemens Börsig und Tessen von Heydebreck vom Vorwurf des versuchten Prozessbetrugs und der uneidlichen Falschaussage freigesprochen. "Die Tatvorwüfe haben sich nicht bestätigt", sagte der Vorsitzende Richter Peter Noll in der Urteilsbegründung.

Natürlich hat sich die Niederlage der Staatsanwaltschaft seit Wochen, ja seit Monaten angekündigt. Zu oft hat Noll die Vertreter der Anklage zurechtgewiesen, ihnen sogar "Vermutungen ins Blaue hinein" vorgeworfen. Zu oft hat er betont, dass die Beweislage zu dünn sei, als dass sie aus seiner Sicht für eine Verurteilung ausreichen könnte. Doch die Staatsanwälte haben unbeirrbar (Kritiker würden es unbelehrbar nennen) an ihrem Konzept festgehalten. Es folgte Beweisantrag auf Beweisantrag, der letzte unmittelbar vor den Plädoyers. Da wollten die Ankläger noch einmal eine Hausdurchsuchung bei der Deutschen Bank erzwingen - vergeblich. Dagegen legten sie dann wiederum Beschwerde ein. Auch das blieb erfolglos.

Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht. Der Staatsanwaltschaft bleibt noch die Revision beim Bundesgerichtshof. Ob sie das tut, ist offen. "Jetzt müssen wir uns überlegen, ob wir in eine weitere Instanz gehen", sagte ein Sprecher. Das klingt deutlich weniger offensiv und selbstbewusst, als es die Ankläger noch vor einigen Wochen formuliert hatten.

Das Revisionsgericht prüft ohnehin keine Tatsachen mehr, sondern nur, ob das Urteil materiellrechtlich richtig ist und verfahrensrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Es geht nicht mehr um den inhaltlichen Vorwurf, die Manager hätten im Zivilprozess gegen die Erben von Leo Kirch gelogen, um mögliche Schadenersatzansprüche der Kirch-Seite in Milliardenhöhe abzuwenden.

Allein auf der formalen Frage ruht also die kleine Siegeshoffnung der Staatsanwaltschaft, die nach dem Freispruch des Landgerichts Stuttgart für die Ex-Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter im März das zweite Desaster in diesem Jahr erlebt. Wie jene in Stuttgart müssen sich die Anklagevertreter in München den Vorwurf gefallen lassen, sie hätten die Anklage nicht sorgfältig genug vorbereitet. Oder sich zu sehr verbissen bei dem Versuch, den Promis auf der Anklagebank ihre Schuld nachzuweisen. Der klarste Hinweis dazu kommt im Fall Deutsche Bank sozusagen aus dem eigenen Haus: "Du musst absteigen, wenn das Pferd tot ist", hat der frühere Chef der Staatsanwaltschaft München I, Manfred Nötzel, gesagt.

Jürgen Fitschen kann die letzten drei Wochen seiner Amtszeit also befreit in Angriff nehmen. "Sie können sich vorstellen, wie froh ich bin, dass der Prozess nach einem Jahr zum Ende gekommen ist", hat er gestern nach der Urteilsverkündung gesagt und noch einmal erklärt, wie sehr er stets betont habe, die Wahrheit gesagt zu haben. Ab sofort ist bis 19. Mai "business als usual", der ganz gewöhnliche Geschäftsalltag eines Vorstandsvorsitzenden: "Ich fliege gleich nach Frankfurt und bin den Rest des Tages in meinem Büro."

Als freier Mann, nicht vorbestraft. Aber nach all den Skandalen bei der Deutschen Bank mit manchem Flecken in seiner Bilanz.

(RP)
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