Minto und Co Einkaufszentren spalten den Handel

Düsseldorf · In Mönchengladbach setzt man große Hoffnungen in das neu eröffnete Einkaufszentrum Minto. Doch die Konkurrenz ist groß – fast überall versuchen Shopping-Tempel, die Kunden in die Stadt zu locken. Nicht alle haben dabei Erfolg.

Mönchengladbach: So sieht es im Minto aus
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So sieht es im Minto aus

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In Mönchengladbach setzt man große Hoffnungen in das neu eröffnete Einkaufszentrum Minto. Doch die Konkurrenz ist groß — fast überall versuchen Shopping-Tempel, die Kunden in die Stadt zu locken. Nicht alle haben dabei Erfolg.

Wer in Mönchengladbach durch die Fußgängerzone flanieren will, sollte gut zu Fuß sein — es geht eigentlich konsequent bergauf. In Zukunft werden zumindest einige Wege leichter, dafür sorgt das am Mittwoch eröffnete Einkaufszentrum Minto mit seinen Rolltreppen. 100 Geschäfte auf 41.846 Quadratmetern sollen die Menschen locken, damit es in der Fußgängerzone nicht nur topographisch nach oben geht. Oberbürgermeister Hans-Wilhelm Reiners (CDU) ist jedenfalls optimistisch: "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass durch so eine Aufwertung auch ins Umfeld schnell Bewegung kommt."

Diese Erfahrung haben sie auch in Solingen gemacht. Als dort Ende 2013 der Hofgarten mit 29.000 Quadratmetern vermietbarer Fläche eröffnete, gab es ebenfalls wenig später im Umfeld Bewegung. Während Oberbürgermeister Norbert Feith (CDU) beim Richtfest noch von einem "Leuchtturmprojekt inmitten der City", sprach, ist inzwischen Ernüchterung eingekehrt: Viele haben zwar einen Laden im Hofgarten eröffnet — dafür jedoch das Geschäft in der Fußgängerzone geschlossen. Leerstand statt Leuchtturm. Und so stellt sich die Frage: Schaden Shoppingtempel den Innenstädten am Ende mehr als sie nutzen?

Mönchengladbach: Das Minto wird offiziell eröffnet
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So lief die Eröffnung des Minto in Mönchengladbach

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"Nicht jedes Center wird sich am Markt behaupten können"

"Ein Center ist weder ein Segen noch ein Fluch", sagt Peter Glöckner, der seit 20 Jahren im Center-Management tätig ist. Letztlich komme es immer darauf an, wie sie in die Innenstadt eingebunden seien. Das sieht auch Joachim Will so, dessen Beratungsunternehmen Ecostra jährlich die Zufriedenheit der Mieter in Einkaufszentren untersucht. Ein schlechter Standort hätte jedoch Schwierigkeiten, langfristig zu überleben: "Nicht jedes Center wird sich am Markt behaupten können." Denn eigentlich sei dieser längst gesättigt.

Pre-Opening: Ansturm auf das Minto
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500 Shopping-Center mit einer Fläche von mehr als 10.000 Quadratmetern gibt es in Deutschland, viele davon stehen in NRW: Angefangen mit dem Ruhrpark-Center in Bochum, das 1964 als eines der ersten in Deutschland eröffnete, über das Centro in Oberhausen und die Kö-Galerie in Düsseldorf — der Konkurrenzkampf ist riesig. Der Kunde hat dabei die freie Wahl: Gefällt es ihm nicht in den Düsseldorf Bilk Arcaden ist er innerhalb kürzester Zeit im Limbecker Platz in Essen.

Einkaufszentren dürfen nicht nur reine Verkaufsmaschinen sein

Das hat Folgen: "Es gibt zunehmend Neuentwicklungen, die die Erwartungen nicht erfüllen", sagt Joachim Will. So munkelt man etwa in Dinslaken, dass die Frequenz in der erst im November 2014 eröffneten Neutor-Galerie nicht so hoch ist, wie erhofft und auf Dauer nötig. Auch die Königshof-Galerie in Mettmann tat sich zunächst schwer, entwickelte sich zuletzt aber besser.

"Wichtig ist, dass das Einkaufszentrum integrativer Teil der Innenstadt wird", sagt Peter Glöckner, der das Centermanagement beim Kölner Unternehmen IPH leitet. So wie beispielsweise die City-Arkaden in Wuppertal, die sich aus Sicht von Experten gut in die Geschäftslage eingepasst hätten. Der Architekt Walter Brune, der unter anderem die Kö-Galerie und die Schadow-Arcaden entworfen hat, geht noch einen Schritt weiter: "Ein gutes Einkaufszentrum ist keine reine Verkaufsmaschine, sondern leistet einen Beitrag zur Stadtkultur." Aus diesem Grund sind Shopping-Tempel, die wie das Oberhausener Centro auf der grünen Wiese entstehen, für Brune ein Graus: "Dadurch gehen nur die inhabergeführten Läden kaputt, während sich die Filialisten breit machen."

Die Oberhausener Innenstadt hat nicht vom Centro profitiert

In Oberhausen lässt sich diese Entwicklung exemplarisch beobachten: Knapp 2,5 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Centro und der Fußgängerzone in der Marktstraße, doch eigentlich sind es Welten. Hier der auf Hochglanz polierte Konsumpalast mit angeschlossener Konzerthalle, Musicaltheater und Aquarium, dort die verödete Innenstadt, in der sich Ein-Euro-Läden und Leerstand breit machen. Mehr als 20 Millionen Besucher kommen jährlich ins Centro, doch ein Großteil von ihnen fährt anschließend auf den umliegenden Autobahnen wieder davon. "Neue Mitte" heißt der Stadtteil offiziell, in Wahrheit ist dort ein Ökosystem entstanden, das unabhängig von der Stadt exisitert.

Ähnliches konnte in Neuss bislang verhindert werden. Zwar existiert dort an der Peripherie seit Jahren ebenfalls im Rheinparkcenter ein Einkaufszentrum, die meisten Quadratmeter Verkaufsfläche wies die 150.000-Einwohner-Stadt jedoch bislang weiterhin in der Innenstadt aus. Daran konnte selbst die Modernisierung des Einkaufszentrums bis 2011 für mehr als 100 Millionen Euro nichts ändern. Weil die Sorgen auch bei der Politik groß sind, legte man einen zehn Millionen Euro schweren Innenstadtstärkungsfonds auf, von dem jährlich 300.000 Euro für besondere Maßnahmen ausgegeben werden.

Innenstädte müssen zu einem Ausflug einladen

Wichtig sei generell, sagt Joachim Will, dass die Städte nicht nur darauf achten, welches Warenangebot sie den Menschen anbieten — denn dieses sei sowieso im Internet jederzeit viel umfassender verfügbar. "Die Entscheidung für den Besuch in der Stadt hängt davon ab, ob sich der Einkauf wie ein Ausflug anfühlt", sagt der Berater. Die Leute müssten Lust bekommen zu bummeln und zu verweilen. Daher sei es zum Beispiel wichtig, auf ein vielfältiges Gastronomieangebot zu achten. Andernfalls habe man künftig keine Chance.

In Mönchengladbach soll genau dieser Wandel durch das Minto eingeleitet werden. Für das Einkaufszentrum wurde unter anderem ein seit Jahren leerstehendes Stadttheater abgerissen, und die Verantwortlichen hoffen, dass sich weitere Läden in der direkten Umgebung des Minto ansiedeln. Dadurch könnte die Stadt auch für die Bürger in umliegenden Gemeinden interessanter werden. Damit rechnet man auch im nahe gelegenen Viersen. Dort sieht man im Minto eine Gefahr für den eigenen Einzelhandel. Winfried Tackenberg von der lokalen Immobilien- und Standortgemeinschaft ist sogar sicher: "Das Minto wird erfolgreich sein."

Joachim Will bleibt dennoch dabei: Jede Stadt müsse genau überlegen, ob sich ein Einkaufszentrum für sie lohnt. "Manche Städte sind ohne Center besser aufgestellt." So wie Krefeld. Der Stadtrat entschied vor einigen Jahren, dass man auf eine Ansiedlung verzichte — und stattdessen lieber die Innenstadt stärke. Bislang mit Erfolg: Statt leeren Geschäften gibt es große Neueröffnungen und Investitionen.

(frin)
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