Leverkusen Minister Remmel will CO-Pipeline stoppen

Leverkusen · Das Rohrleitungsgesetz wird überprüft. Der Berichts-Entwurf empfiehlt, es aufzuheben: Die Pipeline könnte Ziel eines Terrorangriffs werden.

Der Streit um die Kohlenmonoxid-Pipeline der Bayer-Tochter Covestro geht in eine neue Runde. Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) will dem Landtag nun einen Evaluierungsbericht vorlegen, der die Aufhebung des 2006 verabschiedeten Rohrleitungsgesetzes empfiehlt. Ohne Gesetz keine Betriebserlaubnis - die von Dormagen nach Krefeld-Uerdingen verlaufende CO-Pipeline stände endgültig vor dem Aus. Maßgeblich für Remmel ist dabei insbesondere die Gefahr, dass die 66 Kilometer lange Röhre Ziel eines Terroranschlags werden könnte.

Das geht aus dem Entwurf des 14-seitigen Berichts hervor, den Remmel jetzt zur Abstimmung an Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) gesendet hat und der unserer Redaktion vorliegt. Darin heißt es: "Die Landesregierung kommt zu dem Ergebnis, dass ... aufgrund der neuen Sicherheitslage (Terrorgefahr) eine Inbetriebnahme der Kohlenmonoxid-Rohrleitung durch dichtbesiedelte Bebauung nicht mehr verantwortbar wäre."

Remmel verweist auf die Einschätzung des Innenministers, wonach Deutschland mittlerweile Ziel von Gruppierungen wie dem Islamischen Staat sei. Chemieanlagen würden aufgrund ihres hohen Gefährdungspotenzials grundsätzlich als mögliches Anschlagsziel betrachtet. "Auf die katastrophalen Auswirkungen im Falle einer Leckage in der CO-Pipeline ist von Seiten der Katastrophenschutzbehörden immer wieder hingewiesen worden. Diesen Bedenken kommen in der aktuellen Situation der Bedrohung durch mögliche terroristische Anschläge eine neue Bedeutung zu", heißt es in Remmels Entwurf.

Die Pipeline verlaufe zwar unterirdisch, aber durch weitgehend frei zugängliches Gelände und auch noch durch Schilder markiert. "Angesichts der drohenden erheblichen Gefahr im Schadensfall ist die Pipeline auf keinen Fall ausreichend gesichert und erscheint das Restrisiko nicht verantwortbar." Schließt sich der Landtag an, würde die gesetzliche Grundlage für die Pipeline entfallen. Covestro dürfte niemals Kohlenmonoxid durch die längst fertiggestellte Röhre schicken.

Kohlenmonoxid (CO) ist ein hochgiftiges, aber farb- und geruchsloses Gas. Aus Angst vor Unfällen bekämpfen Anwohner, Städte und Naturschützer die Röhre seit Langem. Bislang haben Prozesse die Inbetriebnahme verhindert. Erst im Januar hatte das Bundesverfassungsgericht eine Klage an das Oberverwaltungsgericht Münster zurückverwiesen.

Nun bietet sich den Gegnern ein neuer Hebel. Denn im Koalitionsvertrag 2012 hatte Rot-Grün vereinbart, dass das Rohrleitungsgesetz noch einmal evaluiert werden soll. "Entsprechend der seinerzeitigen Verabredung ist der Evaluierungsbericht gemeinsam von Umwelt- und Wirtschaftsressort zu erstellen, wobei die Federführung beim Umweltministerium liegt", heißt es nun in einem Schreiben, mit dem der Staatssekretär des Umweltministeriums den Berichtsentwurf an das Wirtschaftsressort sendet.

Der Bericht sieht auch keine wirtschaftliche Notwendigkeit für die Pipeline. Diese sei nicht erforderlich, um den Chemiestandort NRW zu erhalten. "Die Landesregierung kommt zu dem Ergebnis, dass die Ziele, die mit dem Rohrleitungsgesetz 2006 beabsichtigt waren, zehn Jahre nach der ursprünglich geplanten Inbetriebnahme keine Relevanz mehr haben." Auch ohne Röhre laufe die Kunststoffproduktion in Krefeld gut. Krefeld sei weiter der weltweit größte Standort für den Werkstoff Makrolon. Der einmal angedachte großräumige Kohlenmonoxid-Verbund mit Wesseling, Scholben und Oberhausen sei ohnehin kein Thema mehr. Zudem gebe es auch technische Alternativen, um in Krefeld genug CO bereitzustellen.

Nun liegt der Ball im Wirtschaftsministerium. Es muss den Evaluationsbericht mittragen - oder Änderungen gegen Remmel durchsetzen. Duin dürfte wenig erfreut sein über die neue Attacke gegen einen NRW-Konzern. Bleibt die Frage, ob sich das Landeskabinett noch vor der Wahl auf einen Bericht einigt. Ohnehin wird ihn erst der neue Landtag zu beraten haben.

(anh)
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