Berlin Merkel will Steuern stärker senken

Berlin · Kanzlerin stellt beim Tag der Industrie Entlastung für Mittelschicht in Aussicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht Spielräume für weitere Steuersenkungen in der kommenden Legislaturperiode. Vor allem für mittlere Einkommen könne es Entlastungen geben, "wenn die wirtschaftliche Entwicklung sich so fortsetzt", sagte Merkel gestern beim Tag der deutschen Industrie in Berlin. Auch könne der Staat noch mehr investieren, ohne die schwarze Null im Haushalt zu gefährden. Mehr Geld müsse etwa in die Digitalisierung fließen, denn dort entscheide sich "in den nächsten fünf bis zehn Jahren, ob wir vorne mit dabei sein werden", sagte sie. Bei anderen Infrastrukturprojekten gebe es aber auch schon Engpässe bei den Planungskapazitäten.

Steuerentlastungen im Umfang von 15 Milliarden Euro jährlich in der nächsten Wahlperiode hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits in Aussicht gestellt. Auch Merkel bekannte sich nun erstmals öffentlich dazu. Die Union wird demzufolge 2017 einen Steuer-Wahlkampf führen.

Die Industrievertreter empfingen die Kanzlerin, die in der Flüchtlingskrise stark unter Druck geraten ist, demonstrativ freundlich mit viel warmem Applaus. Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, sagte, er wünsche ihr "viel Kraft und Erfolg auf der politischen Bühne, die ich mir persönlich nicht ohne eine Angela Merkel vorstellen kann". Die Industrie unterstütze Merkels Kampf gegen Abschottung. Wachsender Nationalismus bedrohe derzeit die offene Gesellschaft, die aber kein Land dringender brauche als die Exportnation Deutschland. "Wir dürfen nicht vom Land der Ideen zum Land der Bedenken werden", warnte Grillo. Er wünsche sich ein klares Bekenntnis für die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP - und zwar "von allen Regierungsmitgliedern", sagte Grillo mit einem Seitenhieb auf Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der den Freihandelsvertrag TTIP mit den USA für tot erklärt hatte. Merkel dagegen versicherte, sie werde die TTIP-Verhandlungen "so lange fortführen, wie das möglich ist".

Als Gast empfingen die Industrievertreter Königin Rania von Jordanien. Das Land habe bei nur 6,5 Millionen Einwohnern mehr als eine Million syrische Flüchtlinge aufgenommen, sagte Grillo. Rania warb um mehr Hilfe für ihr Land bei der Flüchtlingsversorgung. Überdies müsse die Weltgemeinschaft empathischer zusammenstehen gegen islamistischen Terror, Flüchtlingselend und rechte Demagogen.

(mar)
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