Köln Merkel macht Beamten Mut

Köln · Die Kanzlerin verteidigte bei der Jahrestagung des Beamtenbundes in Köln den Einsatz der Polizei zu Silvester. Für die Staatsdiener ist das Balsam für die Seele. Sie klagen über mangelnde Wertschätzung und gewalttätige Übergriffe.

Klaus Dauderstädt, Chef des Deutschen Beamtenbundes (DBB), steht im Foyer des Congresscentrums in Köln und blickt auf die hereinströmenden Menschen, die am Einlass ihre Taschen kontrollieren lassen. Die Sicherheitsvorkehrungen sind streng, schließlich hat sich mit Kanzlerin Angela Merkel hoher Besuch zur DBB-Jahrestagung angekündigt.

Es ist ein Wahljahr und entsprechend wird die Regierungschefin ihre einstündige Rede am Nachmittag nutzen, um die Beamtenseele zu streicheln. Mehrfach wird sie sich für deren Einsatz bedanken, schließlich seien die Anforderungen nicht zuletzt durch die Flüchtlingskrise enorm gestiegen - als Beispiel wird sie den Silvestereinsatz der Kölner Polizei nennen.

Doch noch ist der Auftritt der Kanzlerin mehrere Stunden entfernt und der DBB-Chef steht umringt von Fotografen spalier, um die übrige, in schweren Limousinen vorgefahrene Prominenz zu begrüßen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), die für gewöhnlich ihren Innen- oder Finanzminister zur Tagung geschickt hat, ist gekommen - schließlich wird im Mai auch in NRW gewählt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist ebenfalls da.

Ein kleiner Mann mit Halbglatze steuert zielstrebig auf Dauderstädt zu, wechselt mit ihm ein paar kurze Sätze und eilt dann weiter. Es ist Rainer Wendt, umtriebiger Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Bestsellerautor ("Deutschland in Gefahr") und - wenn man dem Geraune auf den Gängen der Kölner Messe Glauben schenken mag - einer, der sich für die Dauderstädt-Nachfolge warm läuft. Denn für den Beamtenbundchef ist der gestrige zugleich der letzte Auftritt als Gastgeber der DBB-Jahrestagung, bei der Wahl im Herbst will er nicht wieder antreten.

Ein DBB-Chef Wendt wäre vielen im Beamtenbund ein wahrer Graus. Der Polizist gilt als impulsiv und großer Freund der Polemik, so sie ihn denn ins Rampenlicht befördert - quasi der Gegenentwurf zum bedächtigen Dauderstädt. Doch neben Wendt gäbe es mit Willi Russ eine solide Alternative: Dauderstädts Vize gilt als versierter Tariffachmann, nimmt regelmäßig bei den Verhandlungen im öffentlichen Dienst für den DBB am Tisch Platz. Gegen ihn spricht allerdings, dass Russ kein Beamter ist, sondern "nur" Tarifangestellter. Zudem vergeht bis November viel Zeit, in der weitere Kandidaten um die Ecke kommen könnten.

Doch noch ist Dauderstädt am Ruder. Für ihn wäre der letzte Auftritt in Köln natürlich eine hervorragende Gelegenheit, um mal so richtig Klartext zu sprechen - in Richtung der Kanzlerin, des Bundesinnenministers und der NRW-Regierungschefin. Doch die Generalabrechnung fällt aus, stattdessen erleben die Zuhörer eine zahme Rede. Seinen Vorstoß, die Staatsbediensteten könnten nach einem Übergriff vom Staat Geld bekommen und dafür ihre Schmerzensgeldansprüchen an diesen abtreten, will er nicht als knallharte Forderung verstanden wissen, sondern als "eine Idee". Auch beim Ruf nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Bundesbeamte fügt der DBB-Chef hinzu, wenn es nicht mehr in dieser Legislaturperiode erfolge, dann solle sich das Projekt doch zumindest in einem Koalitionsvertrag wiederfinden.

Zugleich zeichnet Dauderstädt aber ein düsteres Bild der Situation im öffentlich Dienst: Für die Beschäftigten gehöre es zum Alltag, sich gegen Gewalt wappnen zu müssen, sagt er. Schon im Vorfeld war klar gewesen, dass die Sicherheitsfrage das bestimmende Thema der Jahrestagung sein würde.

Und so trifft die Bundeskanzlerin mit ihren Mut machenden Worten ins Schwarze: "Sie geben diesem Staat ein Gesicht." Die Beamten nehmen das wohlwollend und mit viel Applaus zur Kenntnis. Ihr erster Wahlkampfauftritt 2017 dürfte ganz in Merkels Sinne ausgefallen sein.

(maxi)
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