Düsseldorf Merkel kämpft in Europa für Sparkassen

Düsseldorf · Die Kanzlerin ist gegen die Vergemeinschaftung von Risiken und will für Erleichterungen für kleine Institute streiten.

Als Bundeskanzlerin ist Angela Merkel (CDU) natürlich auch Diplomatin. Wie gut sie diese Rolle beherrscht, hat sie gestern beim Deutschen Sparkassentag gezeigt - in einem einzigen Satz. "Europa braucht mehr Wachstum, und dafür sind Strukturreformen notwendig", hat die Kanzlerin gesagt, und damit hat sie die Europäische Zentralbank (EZB) und deren Unabhängigkeit in Schutz genommen und gleichzeitig allen signalisiert, dass es auf Dauer so mit der Niedrigzinspolitik der Notenbank nicht weitergehen könne. Die einfache Logik der CDU-Politikerin: Wer reformiert, lockt private Investoren an und macht Wachstum möglich. Dann steigen die Zinsen von selbst. Das ist keine neue Weisheit, ist aber dennoch unerhört schwierig. Denn zu Reformen gehören bekanntlich nicht nur diejenigen, die sie fordern, sondern auch jene, die sie umsetzen. Da hapert es in Europa.

Die Botschaft vom Schulterschluss der Kanzlerin hören die Sparkassen dennoch gern beim 25. Sparkassentag nach dem Krieg, der heute in Düsseldorf zu Ende geht. Genauso wie das Versprechen Angela Merkels, gegen die von der EU-Kommission gewünschte Vergemeinschaftung von Risiken in Europa zu kämpfen. "Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine gemeinsame Einlagensicherung", sagt Merkel und pocht darauf, Risiken müssten abgebaut, nicht vergemeinschaftet werden.

Da ist sich Merkel einig mit anderen - natürlich mit dem deutschen Sparkassenpräsidenten Georg Fahrenschon, der der EZB vorwirft, sie erhalte mit ihrem billigen Geld "kaum mehr lebensfähige Banken" künstlich am Leben und beschwöre die Gefahr einer neuen Finanzkrise herauf. Aber auch mit der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Die klare Forderung der Sozialdemokratin an die Brüsseler Demokratie: "Verhindern Sie weitere Nachteile für Sparkassen und Genossenschaftsbanken durch übertriebene Regeln in Europa. Wer auf große Investmentbanken zielt, sollte nicht die Sparkassen treffen."

Für die Kanzlerin sind die aktuellen Zinsnöte indes nur eine Etappe auf ihrem Streifzug durch die Finanzwelt. Ganz im Sinne der Sparkassen und Volksbanken will sie in Europa auch regulatorische Erleichterungen für kleinere Geldhäuser erreichen; sie sagt, Altersvorsorgeprodukte könnten für die Sparer billiger werden (ob mit stärkerer staatlicher Förderung, sagt sie nicht); sie räumt ein, Deutschland müsse beim "Big Data Mining" (das Gewinnen von Wissen aus riesigen Datenbeständen) noch aufholen, sie preist die Digitalisierung und die Start-ups in Deutschland, für die die Sparkassen offen sein müssten. Am Ende müssten alle gemeinsam für ihre Interessen in Europa kämpfen, fordert Merkel.

Das ist der große Politik-Teil des Sparkassentages. Für den kleinen Sparer, dessen Fähigkeit zur Altersvorsorge die Sparkassen gern erhalten möchten, hat Fahrenschon indes eine Botschaft parat, die der Verbraucher nicht gern hört. Natürlich werde man alles tun, um die Kunden vor Negativzinsen auf ihre Einlagen zu bewahren, aber dass das auf alle Zeit so bleibt, mag der Präsident nicht garantieren: "Wenn dieser Zustand lange anhält, werden auch die Sparkassen die Kunden nicht ewig davor bewahren können."

Sein rheinischer Amtskollege Michael Breuer hat unserer Redaktion vor knapp drei Wochen zu dem Thema gesagt: "Wenn überhaupt, werden die Sparkassen die Letzten sein, die Negativzinsen einführen." Wie lange es dauert, bis die Vorletzten sich dem Trend nicht mehr entziehen können, bleibt offen.

(RP)
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