Düsseldorf Chinas Leitzinssenkung schiebt Börse an

Düsseldorf · Um fast fünf Prozent ist der Dax gestern gestiegen, nachdem die chinesische Notenbank mit ihrem Zinsschritt für Entspannung gesorgt hatte. Manche halten die starke Reaktion an den Finanzmärkten eh für übertrieben.

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Foto: dpa, Fredrik Von Erichsen

Wenn man sich den Kurs der Apple-Aktie vom Freitagabend und den von gestern Nachmittag anschaut, sieht man keinen großen Unterschied - und könnte auf die Idee kommen, es sei nicht viel passiert. Tatsächlich hat die Aktie binnen nicht einmal 96 Stunden eine Achterbahnfahrt hinter sich gebracht: Am späten Freitagabend unter 95 Euro gesackt, am Montagmorgen gerade noch 87 Euro wert, dann wieder leicht rauf, Montagnachmittag auf 81 Euro runter, dann rauf auf 92, runter auf 90, rauf auf knapp 95.

Und das alles wegen China. Die Apple-Aktie ist ein Sinnbild für die Verunsicherung, die wegen des abnehmenden Wachstums in Peking und der daraus abgeleiteten Perspektive derzeit an den Kapitalmärkten herrscht. Selbst eine Mail von Tim Cook, in der der Apple-Chef auf weiterhin starkes Wachstum im Juli und August verwies, hat die Unruhe nicht vollständig beseitigen können.

Das hat erst die Ankündigung einer Zinssenkung in China selbst vermocht. Danach sprang der Deutsche Aktien-Index (Dax) um mehr als vier Prozent zurück über die 10 000-Punkte-Marke, unter die er am Vortag in einem zeitweise atemberaubenden Tempo gestürzt war. Eine Logik hinter der Börsen-Reaktion von gestern: Wenn China die Leitzinsen senkt, verbilligt es die Kredite, die Unternehmen investieren mehr, und das wirkt gegen die Wachstumsschwäche in China, die die Finanzmärkte erschütterte.

Also herrscht Ruhe an der Konjunktur-Front. Ob das so bleibt? Deutschland jedenfalls scheint noch weitgehend unberührt vom Schwächeanfall in Fernost. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal dieses Jahres um 0,4 Prozent und damit etwas stärker gestiegen als in den ersten drei Monaten 2015. Und der leichte Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex (von 108 auf 108,3 Punkte) suggeriert auch positive Stimmung, wenngleich von den 7000 Firmen, die dazu befragt worden sind, viele schon in der ersten August-Hälfte antworteten und damit deutlich vor dem Börsenbeben am Montag.

Trotzdem gilt: Der schwache Ölpreis und das Wachstum in Europa treiben die Hoffnungen der Unternehmen . Zudem hat China mit seiner Leitzinssenkung bei manchen Analysten die Erwartung ausgelöst, dass die Amerikaner die erwartete Zinsanhebung, über deren Verschiebung schon diskutiert worden war, nun doch programmgemäß durchziehen. Ein Zinsanstieg in den USA würde auf den Euro-Kurs drücken, was wiederum die Exportaussichten der Unternehmen verbessern würde. Die Ausfuhren haben auch die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal getrieben (nach vorläufigen Berechnungen der Statistiker stiegen die Exporte gegenüber dem ersten Vierteljahr um 2,2 Prozent). Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn ist davon überzeugt, dass sich die positive Entwicklung fortsetzt: "Die deutsche Wirtschaft bleibt ein Fels in der weltwirtschaftlichen Brandung." Ein schwacher Euro könnte da für weitere Impulse sorgen. Zudem gehen aktuell gerade mal acht Prozent der Ausfuhren nach China, so dass die Wachstumsschwäche dort noch als wenig folgenschwer gilt. "Chinas Wirtschaft ist für Deutschland weniger wichtig, als viele Menschen glauben", heißt es in Analystenkreisen. Noch, könnte man dazu sagen.

(RP)
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