Düsseldorf Lebensversicherer senken Zinsen

Düsseldorf · Wegen der Minizinsen streichen Allianz, Gothaer und andere ihre Überschussbeteiligung zusammen. Altkunden sollten dennoch nicht aus ihren Verträgen aussteigen, raten Experten. Für Neukunden sind die Angebote dagegen unattraktiv.

Düsseldorf: Lebensversicherer senken Zinsen
Foto: Radowski

Die Talfahrt bei den Lebensversicherungen geht weiter. Die meisten Assekuranzen werden 2016 ihre Überschussbeteiligung kürzen. Bisher haben schon zehn Unternehmen angekündigt, dass die Kunden im nächsten Jahre weniger Zinsen auf ihre Verträge gutgeschrieben bekommen (Grafik). Teilweise sind die Absenkungen dramatisch. So senkt die Swiss Life die laufenden Überschüsse um 0,75 auf 2,25 Prozent.

Einen schweren Einbruch gibt es auch bei der Gothaer Lebensversicherung. Das Unternehmen wird den Kunden 2016 nur noch 2,5 Prozent gutschreiben, was einem Minus von 0,6 Prozentpunkten entspricht. Allein die Alte Leipziger hält die laufenden Überschüsse für 2016 mit 3,05 Prozent stabil. Damit dürfte das Unternehmen ungefähr im Marktschnitt landen. Nach einer Prognose der Ratingagentur Assekurata könnte die laufende Durchschnittsverzinsung im nächsten Jahr auf 2,9 Prozent sinken. Die tatsächliche Rendite der eingezahlten Beiträge fällt noch geringer aus. Denn mit den angegeben Prozentwerten werden nur die Sparanteile nach Abzug der Kosten für Vertrieb und Verwaltung verzinst.

Immerhin erhalten Kunden, die ihren Vertrag bis zum Ende durchhalten, noch weitere Überschüsse gutgeschrieben. So liegt die laufende Überschussbeteiligung auf den Sparanteil der Prämien beim Marktführer Allianz bei 3,1 Prozent, was gegenüber dem Vorjahr einem Minus von 0,3 Punkten entspricht. Insgesamt gewährt die Allianz eine Verzinsung von 3,7 Prozent, auch das eine deutliche Senkung. Im Vorjahr waren es noch vier Prozent. Angesichts historisch niedriger Zinsen und eines sprunghaften Kapitalmarkts sei die Senkung unumgänglich, erklärte die Allianz.

"Die Versicherer müssen im nächsten Jahr mehr Geld für höher verzinste Altverträge zurücklegen", erläuterte Assekurata-Chef Reiner Will. "Dieses Geld steht dann für Überschüsse nicht mehr zur Verfügung." Der Aufbau dieser "Zinszusatzreserve" ist von der Versicherungsaufsicht vorgeschrieben. Damit sollen Verträge, die noch einen hohen Garantiezins haben, geschützt werden. 2016 müssen Versicherer erstmals auch für Verträge mit einem Garantiezins von drei Prozent eine extra Rücklage bilden.

Reiner Will rät Altkunden, trotz der Senkungen in jedem Fall an ihrer Lebens- oder Rentenversicherung festzuhalten. "Eine bessere Verzinsung ist derzeit kaum zu finden", sagt der Experte. Es herrsche ein allgemeiner Anlagenotstand, der auch Bankprodukte treffe.

Schwierig wird es für Kunden, die neu für ihre Altersvorsorge sparen wollen. Für klassische Rentenpolicen gewähren die Versicherer derzeit nur noch eine Garantie von 1,25 Prozent. Dennoch müssen die Versicherer das Kapital für klassische Policen extrem sicher anlegen. Das verlangt zudem das neue Aufsichtsrecht "Solvency II", das zum Jahreswechsel in Kraft tritt. Somit dürften für klassische Produkte kaum noch Renditen erzielt werden. Gleichzeitig entfallen auf Anlage, Vertrieb und Verwaltung der Policen Kosten. "Da bleibt dann oft wenig für den Kunden übrig", so Will.

Höhere Renditen versprechen die Versicherer hingegen für neuartige Produkte, für die es keine laufenden Garantien mehr gibt. Vielfach gibt es nur die Zusicherung, dass am Ende der Vertragslaufzeit mindestens die eingezahlten Beiträge noch vorhanden sind. "Die Kunden tragen mit den neuen Produkten ein deutlich höheres Risiko, haben aber auch die Chance auf eine bessere Verzinsung", so Will. So verspricht etwa die Allianz für ihr Produkt "Perspektive" eine um 0,3-Prozentpunkte höhere Gesamtverzinsung. Verbraucherschützer lehnen die Garantiezinslosen Produkte ab. Sie wären zu kompliziert und undurchsichtig.

(RP)
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