Berlin Lange hat die Koalition um den "Klimaschutzplan 2050" gestritten, gestern mussten Kanzlerin und Wirtschaftsminister den Streit schlichten.

Berlin · Am Ende mussten die Chefs, Angela Merkel (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD), selbst ran, um den "Klimaplan 2050" zu retten, mit dem Umweltministerin Barbara Hendricks zur Klimakonferenz nach Marrakesch fahren soll. Zwar hatten sich die Staatssekretäre auf einen Entwurf geeinigt, doch einige Fragen waren gestern Abend Chefsache. Heute will das Kabinett den Plan absegnen.

Ziel des Plans Der Plan soll zeigen, wie Deutschland bis 2050 zu einer Gesellschaft fast ohne Treibhausgas-Emissionen wird und den Klimavertrag von Paris erfüllen kann. Mit dem Vertrag soll ein Anstieg der Durchschnittstemperatur auf unter zwei Grad begrenzt werden. Die Wirtschaftspolitiker setzten in der Präambel des deutschen Klimaschutzplans, der unserer Redaktion vorliegt, eine Einschränkung durch: "Die Bundesregierung wird ein zentrales Augenmerk auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft legen."

Belastung der Branchen Besonders umstrittenen war die Verteilung der Lasten. Danach soll die Energiewirtschaft bis zum Jahr 2030 zwischen 61 und 64 Prozent ihrer Kohlendioxid-Emissionen im Vergleich zu 1990 reduzieren. In Ostdeutschland wurde durch Stilllegungen schon viel mehr eingespart als im rheinischen Revier. Gegenüber 2014 sollen RWE und Co. ihren Ausstoß nun halbieren. Bei Gebäuden (Sanierung, Dämmung) sollen 62 bis 67 Prozent eingespart werden. Der Bereich Verkehr soll seine CO2-Emissionen um 40 bis 42 Prozent senken.

Noch am Nachmittag hatte Fraktionsvize Michael Fuchs Kritik geübt. "Wie soll die Industrie das schaffen? Dann können viele Betriebe gleich schließen." Die Tabelle mit Sektor-Zielen müsse raus aus dem Klimaschutzplan, forderte Fuchs in der Fraktion. Das gelte auch für den Gebäude-Bereich. "Hier droht eine massive Verteuerung von Bauen und Wohnen." Armin Laschet, Chef der NRW-CDU, sprach von einem "Anschlag auf den Industriestandort Nordrhein-Westfalen." Der Ausstieg aus der Kohleverstromung dürfe nicht über Abbauverbote erzwungen werden. FPD-Chef Christian Lindner forderte, die Kanzlerin solle die "Notbremse" ziehen.

Kohleausstieg Die Bundesregierung will den Ausstieg. "Langfristig muss die Stromerzeugung vollständig auf erneuerbaren Energien beruhen", heißt es im Klimaschutzplan. Offen bleibt, bis wann der Ausstieg aus der Kohle-Verstromung kommt. Die Staatssekretäre vereinbarten, dass eine Kommission den Fahrplan erarbeiten soll. "Die Bundesregierung setzt ein Kommission ,Klimaschutz, Wachstum, Strukturwandel und Vollendung der Energiewende' ein", heißt es dazu. Diese solle bis Mitte 2018 einen Vorschlag zur Erreichung der Klimaschutzziele machen. Selbst die Gewerkschaften beschäftigen sich inzwischen mit der Ausstiegs-Frage, verlangen aber Milliarden zur sozialverträglichen Absicherung. Hierfür macht der Klimaschutzplan die Tür auf: "Es muss gelingen, in Regionen wie dem rheinischen Revier konkrete Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Die Bundesregierung wird in den kommenden Jahren einen Regionalfonds aufbauen." Das wollen einige Wirtschaftspolitiker auch nicht, weil sie neue Subventionen fürchten.

Aus für Benzinmotoren Besonders umstritten war, wie der Bereich Verkehr sein CO2-Einsparziel erreichen kann. Zwar sind die Motoren immer sparsamer geworden, zugleich fahren die Deutschen immer mehr. Hendricks wollte daher, dass Neuwagen ab 2030 nur noch über klimafreundliche Antriebe (Elektroauto) verfügen. Das wurde aufgeweicht: "Bis 2030 strebt die Bundesregierung eine signifikante Absenkung der Emissionen von Pkw an", heißt es nur noch. Neuwagen sollten mit Technologien ausgestattet sein, die "grundsätzlich" ohne fossile Kraftstoffe auskommen können. Hier hat sich die Autoindustrie durchgesetzt, die auf den Verbrennungsmotor nicht schnell verzichten will.

Landwirtschaft Auch bei den Regeln für Bauern mussten die Klimaschützer Federn lassen, Vorgaben zur Senkung des Fleischproduktion gibt es nicht mehr. Die Veggie-Day-Debatte lässt grüßen. Jetzt heißt es nur noch: "20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche sollten ökologisch bewirtschaftet werden." 2014 waren es 6,3 Prozent. Zudem soll der Einsatz von Stickstoff-Dünger reduziert werden.

(RP)
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