Düsseldorf Krisen kurbeln Waffengeschäft an

Düsseldorf · Vor allem die Ukraine-Krise führt bei der Regierung zu einem Umdenken. Für die Bundeswehr ist wieder eine Vollausrüstung angepeilt. Das belebt das Inlandsgeschäft der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie.

Düsseldorf: Krisen kurbeln Waffengeschäft an
Foto: Ferl

Hinter der deutschen Rüstungsindustrie liegen turbulente Jahre. Lange Zeit herrschte bei ranghohen Regierungsvertretern die Meinung vor, nach dem Ende des Kalten Krieges und zur Bekämpfung von neuen Gefahren wie dem islamischen Terror sei keine vollausgerüstete Bundeswehr mehr vonnöten. Das Inlandsgeschäft wurde für Krauss-Maffei Wegmann, Rheinmetall, ThyssenKrupp und Co. mehr und mehr zum Problem.

Und als Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kurz nach Amtsantritt auch noch Zurückhaltung bei der Genehmigung von Waffenexporten ankündigte, fragte sich so mancher Rüstungsproduzent, wie sich unter diesen Bedingungen überhaupt noch die forschungs- und damit auch kostenintensiven Rüstungsprojekte realisieren lassen? Die Industrie drohte lautstark damit, dass wichtige Schlüsseltechnologien bald nicht mehr in Deutschland vorhanden sein würden, dass Betriebe ins Ausland abwandern müssten, um ihre Existenz zu sichern.

Doch all das Wehklagen ist inzwischen deutlich leiser geworden. Denn die Auftragsbücher sind dank der zahlreichen Krisenherde rund um den Globus wieder gefüllt. Die Spannungen mit Russland wegen der Ukraine-Krise haben zudem bei den Verantwortlichen in Berlin zu einer radikalen Kehrtwende geführt: Inzwischen ist wieder eine Vollausstattung der Bundeswehr angepeilt. Und auch von einer deutlich restriktiveren Exportpolitik ist wenig zu spüren. Nach Angaben von Armin Papperger, Rheinmetall-Chef und Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), gibt es "fast täglich Gespräche mit der höchsten Entscheidungsebene" - sprich: mit den Ministerien.

Wie gut die Geschäfte inzwischen laufen, wird am Beispiel von Pappergers Konzern deutlich. Zuletzt war es die Automobilzuliefer-Sparte KSPG, die den Düsseldorfern Quartal für Quartal die Bilanz rettete. Der Defence-Sektor produzierte stattdessen zuverlässig Verluste. Doch nun hinterlässt die schwächelnde Konjunktur in China bei KSPG Spuren. Zwar stieg der Umsatz in den ersten drei Quartalen immerhin noch um sieben Prozent auf 1,96 Milliarden Euro. Doch der Umsatzanstieg in der Defence-Sparte fiel mit 17 Prozent auf 1,63 Milliarden Euro deutlich höher aus. Erstmals schrieb der Konzern mit Waffengeschäften wieder schwarze Zahlen. Zufrieden verkündete Papperger so auch, der Konzern sei "wieder auf Kurs". Dank der guten Entwicklung im Rüstungsgeschäft stieg die Prognose für den Konzernumsatz leicht auf 5,1 Milliarde Euro, die Renditeerwartung auf mehr als fünf Prozent.

Trotzdem bleibt die Branche vorsichtig, weiß sie doch genau, wie sensibel die Öffentlichkeit auf Krisen-Profiteure reagiert. Um die eigene Position zu verdeutlichen und "die Diskussion zu versachlichen", stellte der BDSV in Düsseldorf gestern eine vom Verband in Auftrag gegebene Studie des Darmstädter Wifor-Instituts mit dem Titel "Der ökonomische Fußabdruck der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie" vor. Demnach waren 136.000 Menschen 2014 in Rüstungsunternehmen beschäftigt, die indirekt mit der Branche verbundenen Stellen hinzugerechnet waren es sogar 410.000 Jobs, die für Löhne und Gehälter in Höhe von 16,2 Milliarden Euro stehen. Die Bruttowertschöpfung - also die Umsätze abzüglich der Vorleistungen - beziffert Wifor auf 12,2 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Land- und Forstwirtschaft erzielt 17 Milliarden Euro. "Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ist eine hochinnovative Branche", sagt Dennis Ostwald vom Wifor-Institut. Der Tenor der Studie ist eindeutig: Deutschland profitiert volkswirtschaftlich betrachtet von seiner Rüstungsindustrie. Ob das die Diskussion versachlicht, ist indes fraglich.

(maxi)
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