Luxemburg Keine Haftung für offenes W-Lan

Luxemburg · Geschäftsleute, die ein kostenloses Netz anbieten, haften laut EuGH nicht für Urheberrechtsverletzungen anderer. Allerdings kann vom W-Lan-Betreiber verlangt werden, dass der Anschluss durch ein Passwort gesichert wird.

Seine Partei geht zwar langsam unter, aber in eigener Sache kann der bayerische Piratenpolitiker Tobias McFadden einen kleinen Erfolg feiern. Er muss 800 Euro an Sony nicht zahlen, nachdem eine ihm angeblich nicht bekannte Person vor einigen Jahren über sein offenes W-Lan ein Album der Band "Wir sind Helden" zum Tausch angeboten hatte. Dies legte der Europäische Gerichtshof gestern fest. Allerdings erlaubte er dem federführenden Landgericht in Bayern, McFadden doch zu piesacken: Der Netzaktivist dürfte gezwungen werden, Nutzer seines Netzes künftig zu registrieren - damit würden illegalen Aktivitäten "abgeschreckt", so das Gericht. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Urteil.

Welche Folgen hat es für Firmen und Nutzer?

Das Urteil bestätigt überwiegend die seit Ende Juli in Deutschland geltenden Regeln zu freiem W-Lan. Wer als Privatperson oder als Unternehmen seinen Hotspot anderen Bürgern zur Verfügung stellt, haftet gemäß Telemediengesetz nicht für Missbrauch. Mit der Abschaffung der sogenannten Störerhaftung wollte die schwarz-rote Koalition freien W-Lan-Anschlüssen hierzulande endlich zum Durchbruch verhelfen. Damit ist klar, dass die Zahl der kostenlosen und für jedermann nutzbaren Hotspots in Deutschland deutlich steigen könnte. "Es gibt da eine hohe Nachfrage", berichtet beispielsweise Vodafone, das schon bundesweit 1000 offene Hotspots inklusive des Flughafens Düsseldorf hat. Von regem Interesse berichtet auch Giuseppe Saitta, Betreiber mehrerer Restaurants in Düsseldorf.

Warum hat sich der EuGH mit der Frage beschäftigt?

Das Landgericht München hat den Luxemburger Richtern im laufenden Verfahren gegen McFadden konkrete Fragen vorgelegt. Geklärt werden sollte, ob die bis vor Kurzem mögliche Störerhaftung nach deutschem Recht der europäischen E-Commerce-Richtlinie widersprach. Das war so. Konkret ging es im Verfahren um die Frage, ob Gewerbetreibende, die einen öffentlichen W-Lan-Hotspot anbieten, für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden können, die sie selbst nicht begangen haben - nach der sogenannten Störerhaftung. Da es dabei um die Auslegung von EU-Recht geht, musste das der EuGH klären.

Wie sollten sich Unternehmen und Privatunternehmen verhalten? Ihnen droht zwar keine Haftung mehr, wenn ihr W-Lan für illegale Downloads genutzt wird, aber theoretisch könnte ihnen der Zwang zu einem Anmeldesystem für Kunden drohen, wenn es Missbrauch gab. Um das zu verhindern, raten Experten zu einem geschickten Absichern des Netzes. Vodafone bietet den kostenlosen Zugang beispielsweise immer nur 30 Minuten an - zu kurz, um einen Film zu tauschen. Es gebe bisher keine Abmahnungen, erklärt der Konzern. AVM, Anbieter von W-Lan-Routern ("Fritz Box"), bietet eine Vielzahl von Einstellungen an, um illegale Downloads zu verhindern oder zu erschweren, beispielsweise zeitliche Begrenzungen, Volumengrenzen und das Sperren einschlägig bekannter Internetseiten für Filmetausch (File-Sharing). "Diese Mechanismen sind stark nachgefragt", sagt Firmensprecher Urban Bastert. "Die Leute wollen zwar ein offenes Netz, aber auch ein sicheres Netz."

Wo liegt das große Restrisiko für Betreiber?

Es ist weiterhin nicht geklärt, ob Betreiber von W-Lan-Netzen Abmahnkosten bei Auseinandersetzungen mit Inhalte-Anbietern drohen. Das EuGH-Urteil erlaubt, dass solche Kosten eingetrieben werden können, um zu verhindern, dass ein Netz weiterhin missbräuchlich genutzt wird. In Deutschland gibt es dazu keine Klarheit. "Damit freies W-Lan sich wirklich durchsetzt, müssten kostenpflichtige Abmahnungen verboten werden", sagt dazu Martin Madej vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin.

(RP)
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