Düsseldorf "Kein blindes Vertrauen in Freihandelsabkommen"

Düsseldorf · RP-Leser diskutierten mit Experten über das umstrittene TTIP-Projekt zwischen der Europäischen Union und den USA.

Seit knapp drei Jahren verhandeln die EU und die USA über eine "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft" (TTIP). Mit gut 40 Prozent des Welthandels würde durch die Absegnung dieses Abkommens der größte Wirtschaftsraum der Welt entstehen. Klingt erst einmal gut, doch die Unsicherheit bei TTIP ist insbesondere in der deutschen Bevölkerung groß.

"Blindes Vertrauen gegenüber einem solchen Projekt passt nicht in unsere Zeit", sagte ein RP-Leser im Rahmen der Podiumsdiskussion "Von TTIP bis Terror - Hält die Transatlantische Achse?", die am Montag in den Konferenzräumen der "Rheinischen Post" in Kooperation mit dem Institut für Auslandsbeziehungen stattfand. Sven Giegold, Grünen-Europaabgeordneter, pflichtete dem Leser bei: "Wir brauchen einen tiefen Transparenzstand bei TTIP." Giegold plädierte dafür, dass die Dokumente für jeden ersichtlich sein sollten. "Die Leute wollen sehen, dass der Handel auch wirklich fair und frei ist." Die geplante vorläufige Inkraftsetzung von TTIP zeuge aber davon, dass man es mit den Anliegen der Menschen nicht ernst meine. TTIP soll bis Ende des Jahres stehen. Nach Fertigstellung des Vertragswerks muss dieses noch von den 28 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Weil solch ein Prozess Jahre dauern kann, ist es üblich, jene Teile, die in ausschließlicher EU-Kompetenz liegen, vor Abschluss der Verfahren vorläufig anzuwenden.

Giegold bemängelte zudem, TTIP schränke die EU und die USA in ihren Handlungen ein. "Dort, wo Gesellschaft betroffen ist, muss man weiterhin frei handeln können." Widerspruch kam in diesem Fall von Michael R. Keller, Generalkonsul der USA in Düsseldorf, sowie von Jürgen Schulz, stellvertretender Politischer Direktor im Auswärtigen Amt. Der US-Senat etwa würde niemals zulassen, dass durch TTIP Einschränkungen in der politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Freiheit entstünden, sagte Keller. "Gleiches gilt für den Deutschen Bundestag", ergänzte Schulz.

Auch Keller sieht große Ängste in Deutschland gegenüber TTIP. Dabei sei das Freihandelsabkommen etwas, das der Europäischen Union in den vergangenen Jahrzehnten abhandengekommen sei: eine langfristige Strategie. "Den Menschen ist oft allerdings nicht klar, dass Freihandel gut für sie ist."

Ein großer Kritikpunkt gegenüber TTIP ist unter anderem die Angleichung von Standards. Verbraucherschützer befürchten solche Angleichungen auf geringerem Niveau. Derlei Ängste seien jedoch unberechtigt, so Jürgen Schulz: "Wir werden die Grundstandards nicht absenken."

(jaco)
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