Berlin Kaesers Ausputzerin

Berlin · Janina Kugel muss den Stellenabbau bei Siemens managen - und gestern zunächst zum Rapport ins Bundeswirtschaftsministerium.

Die Nachricht, die an diesem Morgen über den Ticker läuft, dürfte Wasser auf die Mühlen all derer sein, die gerade kein gutes Haar am Siemens-Management lassen. Dabei handelt es sich um eine Erfolgsmeldung: Die Münchener haben im krisengeschüttelten Libyen einen lukrativen Großauftrag an Land gezogen. Zwei Gaskraftwerke mit einem Gesamtvolumen von rund 700 Millionen Euro soll Siemens dort bauen. Warum also meckern? Der Grund: Ausgerechnet in der Energiesparte will der Konzern massiv Stellen streichen. Siemens-Chef Joe Kaeser machte schnell klar, dass der Auftrag in Nordafrika nichts an diesen Plänen ändern werde.

Exekutieren muss den Stellenabbau Kaesers Frau für Personalangelegenheiten: Janina Kugel, seit 2015 Personalvorstand beim Münchner Konzern, hat das Sagen über weltweit 341.000 Mitarbeiter. Weltweit sollen rund 6900 Stellen wegfallen. In Deutschland ist von bis zu 3000 die Rede.

Die geschäftsführende Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) zitierte die Managerin deshalb gestern zu sich, und Janina Kugel kam bereitwillig nach Berlin. Kugel wirkte konzentriert, zugleich aber auch gelassen, als sie neben Zypries ihr erstes öffentliches Statement in einem Berliner Ministerium abgab. Es gehe darum, "den digitalen Wandel zu gestalten. Das kann gesellschaftlich nur gelingen, wenn Politik und Unternehmen gemeinsam daran arbeiten", sagte sie mit fester Miene.

Fest steht: Siemens hat zwar grundsätzliche Entscheidungen zum Personalabbau in Deutschland getroffen, doch wie hoch genau er sein wird und welche Werke genau geschlossen werden sollen, das ist noch offen - und Janina Kugel zeigt sich offen.

Konkretes kam bei dem Treffen nicht heraus, doch auch Zypries signalisierte, dass sich in den kommenden Monaten noch einiges ändern könne. Mitarbeiter könnten weiter qualifiziert werden, unter anderem durch Hilfe der Bundesagentur für Arbeit, sagten Zypries und Kugel. Bund und Länder könnten Siemens möglicherweise mit einer verbesserten Infrastruktur helfen, an Standorten kostengünstiger zu produzieren. Zypries dürfte damit vor allem auf schnellere Internet-Verbindungen angespielt haben.

Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte, er appelliere an die Vernunft des Siemens-Vorstands. Mit der Schließung des Windkraftanlagen-Werks in Erfurt "werden wir uns auf keinen Fall abfinden". Erst 2015 habe Siemens Produktionsteile aus den USA nach Erfurt zurückgeholt. Sie jetzt wieder in die USA umzusiedeln, "zeugt nicht davon, dass man Vertrauen in den ostdeutschen Standort hat". Janina Kugel sei sehr konstruktiv. "Sie weiß um die Tragweite dieser Entscheidung, aber sie hat auch mehrfach betont, dass die Grundsatzentscheidung über diese Prioritäten im Vorstand bereits gefallen sind", sagte Tiefensee. Allerdings ließe sich an der konkreten Umsetzung noch etwas ändern. Endgültige Entscheidungen würden nicht bis Ende Januar, sondern erst später getroffen. Bis dahin muss sich Kugel weiter auf das Dauerfeuer der IG Metall einstellen, die derzeit den Widerstand gegen die Abbaupläne organisiert. Mit Widerständen kennt sich Kugel jedoch bestens aus. Bei ihrem ersten Job, erzählte sie einmal bei einer Führungskräfte-Konferenz, sei sie die einzige Frau im Konferenzraum gewesen. Einer der anwesenden Herren habe ihr damals gesagt: "Junge Dame, ich bevorzuge meinen Kaffee mit Milch." Auch wegen ihrer Hautfarbe sei sie schon als Mädchen angefeindet worden, berichtete Kugel. Sie habe daraus den Schluss gezogen, nur weil man anders sei, dürfe man sich nicht zum Opfer machen lassen. Zudem erfordere das Anderssein, härter zu kämpfen als andere.

Ihr Aufstieg bei Siemens verlief geradlinig. Die Mutter von Zwillingen kennt das Unternehmen in- und auswendig. Seit 2001 ist die Volkswirtin an Bord, ging vorübergehend zur Siemens-Tochter Osram, ehe Kaeser sie 2013 erst zur Leiterin der Personalstrategie und 2015 zum Mitglied des Konzernvorstandes machte.

(mar / maxi)
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