Ifo-Chef Fuest "Trumps Steuerreform beflügelt Europas Konjunktur"

Washington · Für US-Präsident Donald Trump ist die Zustimmung zur Steuerreform ein dringend nötiger politischer Erfolg, für den Durchschnitts-Amerikaner ist sie ein Desaster. Und der Ifo-Chef Clemens Fuest rechnet mit einer Konjunkturbelebung für Europa.

 Clemens Fuest (Archiv).

Clemens Fuest (Archiv).

Foto: dpa, csa gfh

Böse Zungen behaupten, die politische Landkarte in den USA sei recht einfach gestrickt. Auf der einen Seite gebe es die Demokraten, die das Steuergeld am liebsten mit beiden Händen zum Fenster hinauswerfen, auf der anderen Seite die Republikaner, die die Staatsverschuldung scheuen wie der Teufel das Weihwasser.

Unter Donald Trump hat sich an den bekannten Eckpfeilern einiges geändert. In der Nacht zu Samstag stimmte der republikanisch dominierte Senat für die Steuerreform des US-Präsidenten. Für Trump ist es - angesichts der nicht abreißenden Russland-Affäre und einer schier endlosen Liste gebrochener Wahlkampfversprechen - der erste bitter nötige politische Erfolg.

Doch mit der nun beschlossenen Reform verkehren sich die Bedingungen: Nach vorläufigen Berechnungen der Haushälter stimmten ausgerechnet die Republikaner für eine Reform, die das Staatsdefizit im kommenden Jahrzehnt um mindestens eine Billion Dollar nach oben schnellen lässt. Das entspricht in etwa einem Viertel all dessen, was Deutschland in einem Jahr mit Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet. Für die ohnehin hoch verschuldeten Vereinigten Staaten eine enorme zusätzliche Belastung.

Die Herangehensweise - Steuersenkung in der Hoffnung zu machen, Mehreinnahmen zu erzielen - ist ökonomisch höchst umstritten. Der frühere US-Präsident George Bush senior sprach in diesem Zusammenhang gar von "Vodoo-Ökonomie". Die US-Wirtschaft müsste in atemberaubendem Tempo wachsen, um die Steuerausfälle zu kompensieren. Für dieses Jahr liegt das Wachstum voraussichtlich aber nur um die zwei Prozent - das ist zu wenig.

New York Times: Plan verschärft die Ungerechtigkeit im Land

Die Kommentatoren der "New York Times" zerpflückten den Plan zusätzlich aus einem anderen Grund. Dieser verschärfe die Ungerechtigkeit im Lande, bringe er doch neben den Steuererleichterungen für Konzerne - die Ertragssteuer für Unternehmen soll von derzeit 35 auf 20 Prozent sinken - vor allem Vorteile für die Reichen: Berechnungen des überparteilichen US-Haushaltsbüros belegen, dass die Gruppe der Bürger mit einem Jahreseinkommen zwischen 40.000 und 50.000 Dollar insgesamt 5,3 Milliarden Dollar mehr an Steuern zahlten, während die Gruppe der Einkommensmillionäre um 5,8 Milliarden Dollar entlastet würde. Ein weiteres Auseinanderdriften der ohnehin schon gespaltenen amerikanischen Gesellschaft ist eine höchst gefährliche Entwicklung.

Während Trump in typischer Manier von der "größten Reform in der Geschichte der USA" sprach, reagierten ausländische Beobachter besorgt. Die USA als Unternehmensteuerparadies? Der Industrieverband BDI warnte vor massiven Nachteilen für europäische Unternehmen. Die deutsche Politik rief er dazu auf, nun ebenfalls eine Firmensteuerreform anzugehen. "Jede neue Bundesregierung muss schnellstmöglich strukturelle Verbesserungen im Unternehmensteuerrecht auf den Weg bringen", verlangte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.

Auch der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, rechnet damit, dass der Druck auf die Politik hierzulande steigen dürfte. Unserer Redaktion sagte er: "Die Reform wird Investitionen und Konsum in den USA erhöhen und den internationalen Steuerwettbewerb anheizen." Das US-Leistungsbilanzdefizit werde sich dadurch ausweiten. Der Anstieg der US-Staatsschulden werde den Zinsanstieg beschleunigen und zu wachsenden Inflationserwartungen für den Dollar führen, sagte Fuest voraus.

Fuest sieht jedoch die Europäer als Profiteure von Trumps Politik: "Für Europa bedeutet diese Reform, dass die Exporte in die USA weiter ansteigen." Das werde auch die europäische Konjunktur beflügeln. "Gleichzeitig steigt der Druck, die Unternehmensbesteuerung zu senken, um eine Verlagerung von Investitionen und Jobs in die USA zu verhindern. Der Druck auf die EZB wird steigen, aus der expansiven Geldpolitik auszusteigen."

Für die Amerikaner bleibt: Sie werden am Ende doppelt die Zeche zahlen. Zum einen durch das Auseinanderdriften ihrer Gesellschaft, zum anderen durch die Belastung der künftigen Generation mit einem unsoliden Staatshaushalt und einem immensen Schuldenberg.

(maxi)
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