Essen Hochtief-Mutter will Abertis mit Rivalen teilen

Essen · Der spanische Baukonzern ACS und die italienische Atlantia-Gruppe würden sich so einen teuren Bieterkampf ersparen.

Beim Baukonzern Hochtief dürfte die Ad-hoc-Mitteilung gestern eingeschlagen haben wie eine Bombe: Die spanische Mutter der Essener, ACS, erklärte gemeinsam mit der italienischen Atlantia-Gruppe per Pflichtmitteilung, dass man in Sondierungen sei. Dabei gehe es um die Zukunft des spanischen Mautstraßen-Betreibers Abertis. Spanische Medien berichteten später, dass beide Seiten über eine Aufteilung des hoch profitablen Unternehmens sprächen.

Die Nachricht ist deshalb so überraschend, weil Hochtief sich - auf Betreiben von ACS - seit Wochen um eine Komplettübernahme von Abertis bemüht und deshalb mit Atlantia in ein Bieterrennen um das spanische Unternehmen eingestiegen ist.

Derzeit prüft die spanische Börsenaufsicht das Hochtief-Angebot. Sollte sie grünes Licht geben, wäre das der Startschuss für eine letzte, 30-tägige Frist, während der beide Seiten noch einmal in verschlossenen Umschlägen ein Angebot abgeben könnten. Eine Woche nach Ablauf hätte dann Atlantia ein letztes Mal die Möglichkeit nachzubessern. Bei einem solchen Verfahren droht der Kaufpreis in schwindelerregende Höhen zu schießen. Schon für das aktuelle Gebot müsste sich der nahezu schuldenfreie Hochtief-Konzern massiv verschulden. Nur so ließe sich die rund 17 Milliarden Euro schwere Offerte stemmen.

Sollten sich ACS und Atlantia tatsächlich auf eine Aufteilung von Abertis einigen und diesen Deal in der 30-tägigen Frist über die Bühne bringen, könnten sie die teure Bieterschlacht noch abwenden. Ein Hochtief-Sprecher wollte sich nicht äußern.

Eine Aufteilung hätte durchaus Charme. So könnte beispielsweise ACS das Mautstraßen-Geschäft im spanischsprachigen Raum übernehmen. Der Rest würde an Atlantia fallen. Ganz einfach dürfte eine Lösung allerdings nicht zu bewerkstelligen sein: Schließlich haben die verschiedenen Maut-Straßenkonzessionen unterschiedliche Laufzeiten und damit auch unterschiedliche Werte.

Ungeachtet dessen trieben die Meldungen gestern die Kurse von ACS, Hochtief und auch Atlantia legten deutlich zu. ACS-Anteilsscheine verteuerten sich an der Börse in Madrid um 7,4 Prozent, Atlantia in Mailand legte um knapp fünf Prozent zu - und auch Hochtief-Aktien profitierten deutlich.

Das Nachsehen dürften bei einer solchen Aufteilung dagegen die Eigner von Abertis haben. Entsprechend gaben die Aktien des Unternehmens gestern deutlich nach.

Mit einer Entscheidung der spanischen Börsenaufsicht über das Hochtief-Angebot wird für die kommenden Tage gerechnet - spätestens in der kommenden Woche dürfte es so weit sein. Hochtief hatte erklärt, mit einer Abertis-Übernahme die Wertschöpfungskette verlängern zu wollen. Der Essener Konzern könnte mit Abertis gemeinsame Projekte mit der öffentlichen Hand wie Maut-Autobahnen planen, bauen und betreiben. Eine Zusammenlegung sei auch für die Aktionäre attraktiv, hieß es im Hochtief-Geschäftsbericht: "Durch die stärkere Finanzkraft ist eine höhere Aktionärsvergütung möglich."

Doch hatte der deutsche Konzern dem Markt auch signalisiert, nicht jeden Preis für Abertis zahlen zu wollen. So hatte Hochtief Mitte Februar erklärt, weniger Geld für den Mautstraßen-Betreiber auf den Tisch legen zu wollen, sollte Abertis wie angekündigt vor einem möglichen Zuschlag eine Dividende ausschütten. In diesem Falle werde die Offerte um 40 Cent auf 18,36 Euro je Aktie gesenkt, hatte der Essener Konzern mitgeteilt. Abertis hatte angekündigt, eine zweite Dividende von 40 Cent zu zahlen. Die von der Benetton-Familie kontrollierte Atlantia will mit Abertis den größten Mautstraßen-Betreiber Europas schmieden.

(maxi)
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