Fachkräfte-Debatte Hochqualifizierte Zuwanderer — gekommen, um zu bleiben

Berlin · Zwei Drittel der Hochqualifizierten, die nach Deutschland kommen, wollen hier dauerhaft leben und arbeiten, heißt es in einer Umfrage. Doch Erleichterungen im Zuwanderungsrecht für Drittstaatler locken weiterhin nur wenige Ausländer.

Aus diesen Ländern kommen die meisten Einwanderer
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Foto: Caro / Oberhaeuser

Rund zwei Drittel der hochqualifizierten Zuwanderer von außerhalb der EU wollen hier dauerhaft leben und arbeiten. Das geht aus der noch unveröffentlichten Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zur Fachkräftezuwanderung hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Dabei beruft sich das Ministerium auf eine aktuelle Umfrage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unter 9400 Migranten aus Drittstaaten.

Demnach beabsichtigen 68,6 Prozent der Hochqualifizierten länger als zehn Jahre oder für immer in Deutschland zu bleiben. Von den Akademikern, die in Deutschland studiert haben, wollen 73,5 Prozent bleiben. Auch 70,1 Prozent der zugewanderten Selbstständigen wollen dauerhaft bleiben. Unter den übrigen Fachkräften, die aus Erwerbsgründen nach Deutschland gekommen sind, sagen immerhin 45,3 Prozent, dass sie mindestens zehn Jahre bleiben wollen.

Beck: Deutschland für Fachkräfte noch immer nicht attraktiv genug

Die Umfrage widerlegt ein verbreitetes Vorurteil, wonach qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland Deutschland nicht als dauerhafte Heimat schätzen. Allerdings zeigen sich große Unterschiede bei den Herkunftsländern. "Personen aus wirtschaftlich erfolgreichen Ländern weisen relativ geringe Bleibeabsichten auf und wollen nur in wenigen Fällen langfristig in Deutschland bleiben", heißt es in dem Papier.

"Hierzu gehören die USA, Kanada, Australien, Neuseeland und überwiegend auch Japan." Dagegen kämen "aus wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern verstärkt Personen, die langfristige Aufenthalte wünschen oder sich vorstellen können, für immer in Deutschland zu bleiben", heißt es im Papier. "Dies gilt vor allem für die osteuropäischen Staaten." Aber auch Afrikaner und Asiaten wollten bleiben.

"Es ist schön, wenn Absolventen deutscher Hochschulen in Deutschland bleiben wollen", sagte Grünen-Politiker Volker Beck. "Allerdings zeigen die Zahlen des Bundesamtes auch, dass Deutschland für Fachkräfte immer noch nicht attraktiv genug ist. Sonst würden auch Menschen aus den USA, Kanada und Australien gerne langfristig in Deutschland bleiben wollen."

Rechtliche Möglichkeiten bleiben oft ungenutzt

Viele der erweiterten rechtlichen Möglichkeiten für Zuwanderungswillige werden zudem kaum genutzt, wie aus der Regierungsantwort hervorgeht. So machten 2013 nur 475 Akademiker von der seit Mitte 2012 geltenden Möglichkeit Gebrauch, ein Sechs-Monatsvisum für die Arbeitsplatzsuche in Deutschland zu erhalten. Die Zahl der Wissenschaftler, die über eine besondere Niederlassungserlaubnis kommen können, ist sogar stark rückläufig: 2013 erhielten nur 38 Wissenschaftler diesen Titel, 2014 bisher nur 14. Im Jahr 2012 waren es noch 142. Auch über die Mitte 2012 eingeführte "Positivliste" für Zuwanderer mit Berufen, in denen erhöhter Fachkräftemangel herrscht, kamen bis Mitte 2014 nur rund 170.

Die so genannte "Blaue Karte" der EU, die seit Mitte 2012 weitere Fachkräfte nach Deutschland locken soll, erhielten 2013 insgesamt 11.290 Personen, heißt es in dem Papier. Davon sind aber nur 4127 neu eingereist, der Rest hatte bereits einen anderen Aufenthaltsstatus. Im ersten Quartal 2014 wurde die Blaue Karte 3086 Zuwanderern gewährt, davon reisten aber nur 1444 neu ein. "Deutschland ist für Fachkräfte nicht attraktiv genug. Aufenthaltstitel für qualifizierte Ausländer werden weiterhin hauptsächlich an Menschen erteilt, die bereits in Deutschland leben. Visa zur Arbeitssuche werden selten erteilt", so Beck. "Unter dem Strich findet so kaum Einwanderung statt. Das kann sich der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht länger leisten."

(mar)
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