Streit in der Bundesregierung Hendricks zeigt Härte im Ringen um Glyphosat-Zulassung

Berlin · Wenige Tage vor der nächsten EU-Sitzung für eine weitere Zulassung des Pflanzengifts Glyphosat hat Umweltministerin Barbara Hendricks ihre ablehnende Haltung verschärft.

"Ich werde einer weiteren Zulassung von Glyphosat nicht zustimmen, auch dann nicht, wenn jetzt wie auf einem Basar um die Dauer der Neuzulassung gefeilscht wird", sagte die SPD-Politikerin Barbara Hendricks unserer Redaktion. Damit ist ein möglicher Kompromiss innerhalb der Bundesregierung vom Tisch, wonach eine befristete Neuzulassung verbunden mit einem konkreten Ausstiegsdatum denkbar gewesen wäre.

Seit Monaten gibt es Streit zwischen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) und Hendricks. Bisher trat Schmidt im Interesse der Bauern stets für ein Ja zur Verlängerung der Zulassung ein, Hendricks hielt jedoch mit einem Nein dagegen. Sie verwies darauf, dass Glyphosat als alles tötendes Herbizid negative Folgen für die Artenvielfalt habe und das Insektensterben vorantreibe.

Wegen dieses Widerspruchs in der Bundesregierung musste sich Schmidt als zuständiger Verhandler in Brüssel zur Glyphosat-Zulassung enthalten. Und das wirkt bei Abstimmungen wie ein Nein.

Weil nun aber die Zeit für eine Entscheidung drängt, da die derzeitige Zulassung zum Jahresende erlischt, gerät Schmidt gleich von mehreren Seiten unter Druck: Agrarverbände drängen auf eine möglichst langfristige Zulassung. Glyphosat ist weltweit das mit Abstand meistgenutzte Pflanzenschutzmittel. Ein Ende der Zulassung würde für viele Landwirte massive Umbrüche bedeuten.

Schmidt gerät in den Verhandlungen für ein mögliches Jamaika-Bündnis aber auch von den Grünen unter Druck, die auf einen schnellen Ausstieg aus der Anwendung von Glyphosat in Deutschland und Europa pochen. Sven Giegold, Grünen-Abgeordneter im Europaparlament, gab nun an, dass mittlerweile mehr als 270.000 Europäer eine entsprechende Petition unterstützen würden. Giegold warnte davor, einer befristeten Verlängerung ohne Ausstiegsziel zuzustimmen. "Wir brauchen ein festes Ausstiegsdatum und keine Laufzeitverlängerung für das Gift", sagte er unserer Redaktion.

Umstritten ist Glyphosat aber auch, weil es in Teilen der Forschung für möglicherweise krebserregend gehalten wird. Hendricks fügte nun hinzu: "Die EU-Kommission hat bis heute keinerlei Vorkehrungen gegen die katastrophalen Auswirkungen auf die Artenvielfalt vorgesehen. Zudem ist doch offenkundig, dass die Menschen in Europa die Giftkeulen auf dem Acker nicht mehr länger akzeptieren." Es gehe deshalb auch um ein völlig neues Verständnis einer nachhaltigen Landwirtschaftspolitik in Europa. Die EU-Kommission schlägt jüngsten Meldungen zufolge hingegen eine Verlängerung um fünf Jahre vor.

Am kommenden Donnerstag tagt in Brüssel erneut das Fachgremium, um über diese Verlängerung der Zulassung zu beraten. Zuletzt wurde eine Entscheidung vertagt, da es auch aus anderen EU-Staaten Widerstände gab.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hatte es geheißen, ein Kompromiss in der Bundesregierung könne sich abzeichnen. Das ist nicht der Fall.

(jd)
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