Berlin Gutachter fordern staatlichen Fonds für Atommüll

Berlin · Energie-Experten: Regierung muss rasch handeln, sonst sind Milliarden-Rückstellungen der Stromkonzerne verloren.

Energie-Experten schlagen Alarm: Es sei höchste Zeit, Vermögenswerte der großen Energiekonzerne im Gesamtwert von etwa 38 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Atom-Fonds zu überführen, heißt es in einem wissenschaftlichen Gutachten für die Grünen-Bundestagsfraktion, das unserer Zeitung vorliegt. Da die Gefahr bestehe, dass die Vermögenswerte rasch schwinden, sollten sie in den nächsten fünf Jahren "in einen öffentlich-rechtlichen Fonds übertragen und gesichert werden", schreiben die Professoren Wolfgang Irrek und Michael Vorfeld.

Nach dem Atomgesetz müssen die Betreiber der Atomkraftwerke, die Energiekonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall, in ihren Bilanzen Rückstellungen für den Rückbau der Meiler und die Lagerung des Atommülls bilden. Da die Konzerne durch Atomausstieg und Ausbau der erneuerbaren Energien in Bedrängnis geraten sind, wachsen Zweifel, ob die Rückstellungen auch künftig zur Verfügung stehen werden. Die Bundesregierung bereitet daher bereits Maßnahmen zur Sicherung der Rückstellungen vor. Im Gespräch sind verschiedene Varianten. So könnten die Konzerne gezwungen werden, Vermögenswerte in einen internen Fonds, einen externen Fonds oder eine Stiftung nach dem Muster der RAG-Stiftung zu überführen.

Allerdings fordern die Konzerne, im Gegenzug aus der Haftung entlassen zu werden. Dem widersprechen die Gutachter: Die Unternehmen sollten nach der Übertragung "an den externen Fonds nicht aus ihrer Verantwortung für Rückbau und Ewigkeitslasten entlassen werden, sondern es sollte eine Nachschusspflicht für den Fall nicht ausreichender Fondsmittel verankert werden". Noch sei es machbar und für die Konzerne tragbar, Vermögenswerte in Höhe der Nettorückstellungen von 38 Milliarden Euro zu übertragen. Doch dies müsse schnell geschehen und dürfe sich auf Wertpapiere und Zahlungsmittel ebenso beziehen wie auf Sachanlagen und Beteiligungen.

"Die Bundesregierung muss sich endlich entscheiden: Entweder sie schont weiterhin die Konzerne, oder sie entschließt sich, endlich die Steuerzahler abzusichern, beides gleichzeitig wird nicht gehen", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. Die Regierung müsse "unverzüglich" einen öffentlich-rechtlichen Atom-Fonds einrichten.

(mar)
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