London/Zürich Großbritanniens Produktion geht nach Brexit stark zurück

London/Zürich · Nach dem Brexit-Schock hat die britische Industrie die Produktion so stark gedrosselt wie seit einem Jahr nicht mehr. Sie ging im Juli im Vergleich zum Vormonat um 0,9 Prozent zurück, wie das Statistikamt ONS mitteilte. Im Juni lag das Minus lediglich bei 0,2 Prozent. Nach dem Referendum herrscht Unsicherheit, ob das Land nach einem Austritt noch Zugang zum EU-Binnenmarkt haben wird. Das Pfund wertete bereits massiv ab. Dennoch habe die Industrie davon nicht unmittelbar profitiert, erklärte das ONS. Durch das billigere Pfund werden britische Produkte im Ausland billiger.

Die Gesamtproduktion, zu der auch Versorger, Gas- und Ölfirmen sowie Bergbaubetriebe beitragen, stieg im Juli noch überraschend. Laut ONS lag dies vor allem an der Öl- und Gasbranche: Auf den Förderplattformen des Ölfeldes "Buzzard" in der Nordsee gab es dieses Jahr im Juli nicht wie üblich Wartungsarbeiten. Sie wurden auf den September verschoben.

Premierministerin Theresa May hat angekündigt, die Wirtschaft mit einer neuen Industriepolitik fit für die Zeit nach dem EU-Austritt zu machen. London ist derzeit dabei, die Risiken des Brexit zu bewerten und dementsprechend die Verhandlungsstrategie vorzubereiten.

Auswirkungen des Brexit-Schocks auf der Insel zeigen sich auch am Häusermarkt, wo die Preise den zweiten Monat in Folge fielen. Laut dem Baufinanzierer Halifax sanken sie im August zum Vormonat um 0,2 Prozent, nachdem sie bereits im Juli um 1,1 Prozent nachgegeben hatten.

Als Standort für Vermögensverwaltung wird London durch den geplanten EU-Austritt wohl nicht beeinträchtigt. Der Schweizerische Fonds- und Assetmanagementverband (SFAMA) erwartet keine großen Verschiebungen in der europäischen Branche. London werde mit einem Marktanteil von 40 Prozent der wichtigste Standort für die Vermögensverwaltung bleiben, sagte SFAMA-Geschäftsführer Markus Fuchs: "Der Hauptgrund ist regulatorischer Natur. Großbritannien erfüllt bereits die europäischen Vorgaben und wird alles daran setzen, dass das so bleibt." Zudem sei das Land der zweitgrößte Absatzmarkt in Europa und habe dadurch einen Vorteil.

(rtr)
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