Düsseldorf Gericht erhöht den Druck auf Gabriel

Düsseldorf · Im Verfahren um die Kaiser's-Übernahme durch Edeka hat sich die Sorge des OLG Düsseldorf, der Minister könne befangen sein, erhärtet. Es geht um den Verdacht vertraulicher Absprachen mit Edeka. Der SPD-Chef soll sich bis 3. August äußern.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf legt im Streit um die Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka noch eine Schüppe drauf. "Die weitere Auswertung der Akten zum Ministererlaubnisverfahren hat Anhaltspunkte für den Verdacht ergeben . . ., dass der Zeitplan für die Bekanntgabe der Nebenbestimmungen zur Ministererlaubnis . . . mit dem Vorstandsvorsitzenden der Edeka vertraulich vorbesprochen worden ist", heißt es in einem Schreiben des OLG an die Verfahrensbeteiligten, das unserer Redaktion vorliegt. Der Senat beabsichtige, die "verfahrensrechtlich gebotene Transparenz" herzustellen. Das heißt: Es sollen Passagen aus der Ministererlaubnis allen Beteiligten offengelegt werden. Das wäre eigentlich die Aufgabe des Wirtschaftsministeriums gewesen.

Das Gericht erhöht den Druck auf Gabriel. Der Wirtschaftsminister erhält eine Frist bis 3. August, sich zu äußern. Seine Stellungnahme, so es eine gibt, wird dann vom OLG geprüft. Danach wird der Senat entscheiden, ob weitere Verfahrensbeteiligte noch einmal angehört würden. Er könnte auch bereits einen Termin für eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ministerlaubnis ansetzen. Gegen die Erlaubnis hatte der Edeka-Konkurrent Rewe Beschwerde eingelegt. In der vergangenen Woche hatte das Gericht bereits einem Eilantrag des Kölner Handelskonzerns auf vorläufige Aussetzung stattgegeben. Dadurch wurde der Vollzug der Fusion erst einmal gestoppt.

Das OLG erklärte gestern auf Anfrage, man nehme zu verfahrensleitenden Maßnahmen keine Stellung. Offensichtlich sieht es den Verdacht erhärtet, Gabriel könnte befangen sein. In dem Schreiben wird jedenfalls klar gesagt, dass die "Besorgnis der Parteilichkeit" daraus resultiert, dass der Minister Gespräche mit den Konzernchefs Markus Mosa (Edeka) und Karl-Erivan Haub (Tengelmann) geheimgehalten habe. Auch zwischen Beamten aus dem Ministerium und Verantwortlichen bei Edeka habe es vertrauliche Kontakte gegeben - "mit Wissen des Bundeswirtschaftsministers". Und: Anfang Dezember hat Mosa demnach Gabriel bei einem Gespräch einen sechsseitigen Schriftsatz der Edeka-Anwälte übergeben, in dem diese rechtliche Einwände gegen das Rewe-Gebot formuliert haben sollen, das 24 Stunden vorher schriftlich eingegangen war. Über dieses Anwaltsschreiben sind die anderen Beteiligten, allen voran der Konkurrent Rewe, offenbar nicht informiert worden. Erst am 19. Januar, eine Woche nach der offiziellen Bekanntgabe der Bedingungen für die Ministerlaubnis, hat Rewe nach einem Antrag auf Akteneinsicht von diesem Schreiben und einer dazugehörigen Mail Mosas an Gabriel erfahren.

Das Bundeswirtschafsministerium äußerte sich zu dem Schreiben des OLG gestern auf Anfrage nicht. Formal bleibt Gabriel Herr des Verfahrens über die Ministerlaubnis - selbst wenn das Gericht diese für rechtswidrig halten sollte. Natürlich könnte er diese Erlaubnis so nicht nochmals erteilen. Entscheiden könnte stattdessen sein Staatssekretär Matthias Machnig - wie bei der Übernahme von Ruhrgas durch Eon Alfred Tacke für den parteilosen Wirtschaftsminister Werner Müller, der wegen seiner früheren Tätigkeit beim Eon-Vorläufer Veba als befangen galt.

Als wahrscheinlicher gilt in Handelskreisen allerdings, dass Edeka und Tengelmann ohne zügige Ministererlaubnis den Supermarkt-Deal von sich aus abblasen. Darauf zu warten, dass ein Gericht ihrer Beschwerde gegen das Fusionsverbot des Kartellamtes aus dem vergangenen Jahr stattgibt, wäre wirtschaftlich unsinnig - vor allem für Tengelmann, das die Verluste bei Kaiser's bis zur Entscheidung tragen müsste. Da wäre eine Zerschlagung mit dem Verkauf einzelner Filialen oder Filialblöcke die bessere Alternative, heißt es schon lange unter Experten.

(RP)
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